Wir wollen weiterspielen!

Interview mit Wolfgang Wolf, Cheftrainer und Sportdirektor des 1. FC Lok Leipzig

Mit einem Spiel weniger als die VSG Altglienicke rangiert der 1. FC Lok aktuell punktgleich mit den Rand-Berlinern an der Spitze der Regionalliga Nordost. Auch die Teilnahme am DFB-Pokal ist noch möglich, da der FCL im Halbfinale des Sachsenpokals steht. Für Cheftrainer und Sportdirektor Wolf-gang Wolf (Foto) ist klar, dass ein möglicher Saisonabbruch ein Fiasko wäre. Er will mit seiner Mannschaft eine sehr erfolgreiche Spielzeit auf dem Rasen zu Ende bringen. Durch die Verlegung der EM wäre eine Verlängerung der Saison 2019/20 ohnehin problemlos möglich. Wir haben ihn in der Pfalz erreicht und mit ihm gesprochen.

Was macht die Gesundheit und die der Lieben?
Uns geht’s gut. Ich bin von meiner Frau zur Gartenarbeit verdonnert worden (lacht). Ansonsten kann ich meine Freunde anrufen, die ich vernachlässigt habe und ein bisschen Büroarbeit machen. Dann telefoniere ich häufig mit meinem Co-Trainer Nicky Adler. Ich bekomme tausend E-Mails von Spielerberatern. Dazu mache ich mir Gedanken: Wenn es dann weitergeht, wie es weitergehen soll. So geht der Tag rum.

Beatmungsgeräte, Schutzkleidung, Mindestabstand sind die Wörter, die man aktuell täglich hört. Wie schwer fällt es da, über Spielaufbau, Standardsituationen oder Ballbesitz nachzudenken? Kann man die Situation ausblenden?
Das kann man gut ausblenden. Aber das ist auch unser Job.
Wir hoffen ja, dass es irgendwann wieder weitergeht. Wir müssen uns den Gegebenheiten anpassen. Wenn ich mit meiner Frau oder meinem Sohn Fahrrad fahre, passen wir schon auf, dass nichts passiert. Diese Situation geht uns schon ganz nah. Wir wissen alle nicht, wie lange das noch dauert. Doch das geht nicht nur uns so, sondern der ganzen Welt.

Der Fußball ist inzwischen ein Milliardengeschäft. Seit kurzem trainieren die Mannschaften der 1. und 2. Liga wieder in kleinen Gruppen. Ansonsten liegt der Fußball und sonstiger Sport im Land lahm. Was ist das für ein Zeichen?
Die 1., 2. und auch die 3. Liga lebt ja von Fernsehgeldern, die Verträge sind da. Diese Vereine sind natürlich auf die Gelder angewiesen. Wenn die Saison abgebrochen wird, fehlen dort insgesamt 800 Millionen Euro und einige Vereine würden dann hops gehen. Dann ist die gesamte Bundesliga in Frage gestellt. Natürlich wird da versucht – auch ohne Zuschauer – wieder in den Spielbetrieb zu kommen.

Für den 1. FC Lok lief die Saison in Meisterschaft und Pokal bis zur Unterbrechung sehr erfolgreich. Aktuell wird über alle möglichen Szenarien zu Fortführung oder Abbruch der Saison diskutiert. Was wäre der Wunsch von Wolfgang Wolf?
Ganz klar: Wir wollen weiterspielen! Wir spielen so eine hervorragende Saison und haben uns in eine fantastische Ausgangsposition gebracht. Wir stehen verdient da oben. Ich hoffe, dass man uns die Chance nicht nimmt, den großen Schritt zu machen. Unser großes Ziel ist der Aufstieg in die 3. Liga. Ich habe überhaupt kein Verständnis für Diskussionen, bei denen es um einen Saisonabbruch geht. Warum können wir nicht weiterspielen? Auch im Juli, August, September. Was drückt uns? Nichts! Es wird keine Europameisterschaft geben, wir können die Winterpause durchspielen. Wir können was hinten dranhängen. Ich denke, man sollte die Saison unter allen Umständen zu Ende führen.
Wenn es doch zu einem Saisonabbruch kommen sollte, aber die Tabellenführer direkt aufsteigen dürften und die oberen Ligen aufgestockt werden würden, wäre das eine Option? Absteiger würde es in diesem Fall nicht geben. Aktuell steht der 1. FC Lok bei einer Rechnung der absolvierten Spiele durch die erreichte Punktzahl allein an der Spitze.
Wenn wir dadurch aufsteigen würden, würde ich das sofort nehmen. Klar! Das wäre die einzige Option, wie ein Saisonabbruch zu vermitteln wäre. Aber auch die Pokalspiele müssen noch gemacht werden. Es ist alles sehr schwierig.

Was machen die Spieler? Sind sie bereit, wenn der Ball dann irgendwann wieder rollen sollte?
Die Mannschaft zieht ihr Programm durch. Pläne haben sie nicht, alles findet individuell statt. Da verlasse ich mich zu 100 Prozent auf die Jungs, da bin ich auch stolz drauf. Jeder arbeitet, wie es ihm im Moment möglich ist. Der eine macht zu Hause Krafttraining, der andere joggt oder fährt Fahrrad. Ich bin immer im Kontakt mit Nicky Adler, der den besseren Überblick hat. Wenn es wieder losgeht, sind meine Jungs fit!
Auch die Moral passt … Sie haben einen unwahrscheinlichen Willen und einen super Charakter. Sie wollen alle. Wir bekommen ja nichts geschenkt in den Spielen und müssen uns jeden Sieg hart erarbeiten. Die Jungs können am Ende des Tages sagen: Wir stehen zu Recht da oben!

Vielen Dank für das Gespräch!