Und dann kommt die Ernüchterung

Stehen Sie auf Serien? Da ist der seit 2020 laufende Dauerbrenner „Pressekonferenz zum Corona-Gipfel aus dem Bundestag“ nicht zu toppen. Aller zwei oder auch drei Wochen harren Familien, Handwerker und Gewerbetreibende, Freischaffende und Künstler vorm Fernseher aus, um von den angestrengt wirkenden Moderatoren zu erfahren: „Sie diskutieren noch, sie streiten, sie debattieren heftig …“ Eine gewisse Mystik umhüllt dann den Bundestag, das Ergebnis am späten Abend ist jedoch ernüchternd: der Lockdown bleibt! So geschehen auch am 10. Februar 2021 mit zwei kleinen Ausnahmen:
Erstens: Die Schulen und Kitas dürfen nach Entscheidung des jeweiligen Bundeslandes wieder öffnen.
Zweitens: Die Friseure dürfen ab 1. März wieder schnippeln und färben.
Drittens? Nun, für alle anderen gibt es am 3. März eine weitere Folge der beliebten Serie, na Sie wissen schon …
Offen bleibt jedoch, ob dann die Würfel am 7. März für Gastronomen, Einzelhändler, Museen, Künstler usw. fallen, denn mittlerweile geht es nicht mehr um den angesagten 7-Tage-Inzidenzwert von 50, sondern um 35, angestrebt sind sogar 10.
Das kann dauern …
Zählen Statistiken und vage Hochrechnungen mehr als die von vielen befürchtete Insolvenz?
Ist unbegrenztes Einkaufen oder der Kontakt zu den Großeltern wichtiger als der Schutz unserer Gesundheit?
Beide Fragen sind meines Erachtens durchaus berechtigt. Einerseits sind Kunst und Kultur ein ebenso wichtiger Bestandteil unseres Lebens wie beispielsweise ein Restaurant- oder Ausstellungsbesuch. Andererseits möchte keiner von uns Verwandte, Freunde oder Nachbarn in Gefahr bringen, aber mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen – wie im vergangenen Frühjahr und Sommer schon gehandhabt – könnte doch Stück weit wieder Leben in den Stadtteil und etwas Normalität in unseren Alltag einziehen. Mittlerweile haben wir doch gelernt, fürsorglich und solidarisch miteinander umzugehen. Was uns fehlt, sind ehrliche, offene und zukunftsweisende Informationen. Informationen, die Hoffnung machen und keine unnötige Angst schüren. Aber davon sind wir leider weit entfernt. Das spüren wir auch in unserer Ortsblatt-Arbeit.
Seit Jahren arbeiten wir mit vielen Gewerbetreibenden und Kulturschaffenden aus der Region zusammen. Offen und ehrlich sprechen sie über ihre finanziellen Nöte und die Angst, die Türen ihrer Einrichtung für immer schließen zu müssen. Wir hören von Familien, die am Limit mit dem Homeoffice und Homeschooling sind, wir hören von Kindern, die schmerzlich ihre Freunde vermissen und von Studenten, die nicht wissen, ob sie sich das Studium noch leisten können. Wir teilen diese Ängste und sind froh, dass uns viele Geschäftspartner die Treue halten. Dafür möchten wir uns ganz herzlich bedanken, auch im Namen der Leserinnen und Leser, die so das eine oder andere Neue aus Ihrem Stadtteil erfahren können.
Nach wie vor verteilen wir das Ortsblatt kostenfrei in ausgewählte Haushalte, in noch geöffnete Geschäfte und öffentliche Einrichtungen. Und Sie können alle sechs Ortsblätter gebührenfrei im Internet lesen:
www.ortsblatt-leipzig.de
Mit Ihrer Hilfe bleiben wir vor Ort.

Elke Rath