Überfluss contra Bedürftigkeit

Tafel Leipzig e. V. mit sechs Ausgabestellen

„Wir versorgen mehr als 15.000 Menschen in und um Leipzig“, erzählt Werner Wehmer. Wäre die Tafel kein gemeinnütziger, ausschließlich über Spenden finanzierter Verein mit hauptsächlich Ehrenamtlern, würde der Vorstandsvorsitzende ein mittelständiges Unternehmen leiten. 95 Mitarbeiter sind unermüdlich im Einsatz und verknüpfen das Retten von Lebensmitteln mit dem Versorgen von Bedürftigen. Sechs Kühlfahrzeuge rollen täglich vom Hof, um Lebensmittel von den Spendern abzuholen, sie zu überprüfen und zu sortieren.
1996 hat sich der Verein in Leipzig gegründet. Mittlerweile zählen faktisch alle Supermarktketten, die Großbäcker Leipzigs und sogar Amazon zu den Spendern. Auch Prominente wie die RB-Kicker, Schauspieler oder Wunschzettelpaten engagieren sich zu Leseveranstaltungen und Weihnachtsfeiern. Die Tafel hat sich längst auch als sozialer Treff etabliert. Speiseräume laden zum Plausch und Verweilen ein. Aber wegen Corona ist alles anders.
„Für unsere Kunden dauert es jetzt etwas länger“, erläutert Wehmer. „Wir achten konsequent auf Mindestabstand, Einlassbeschränkung sowie Masken.Unsere Sortier- und Ausgaberäume haben wir mit Spuckschutz und Raumluftreiniger aufgerüstet.“
Der Unkostenbeitrag für die an sich kostenlosen Nahrungsmittel sei jedoch bisher unverändert. Andererseits habe man dank Lockdown nun ehrenamtliche Profiköche und könne „Essen to go“ anbieten. Schwierig sei eigentlich nur, geeignete Mietobjekte und neue Mitarbeiter zu finden. Nicht wenige sind bereits im Rentenalter. Und Vermieter zeigen oft Animositäten, so dass die Zentrale der Tafel in der Lindenauer Jordanstraße gekauft und saniert werden musste, weil eine Vermietung unerwünscht war, so Wehmer. Auch der Vermieter in der Eisenbahnstraße habe sich nicht gekümmert, so dass die Tafel kurzerhand einen eigenen Neubau in der Benningsenstraße 14 errichtete. Die Zusammenarbeit mit der Heilsarmee im Paunsdorfer Südblick 5a funktioniere jedoch sehr zufriedenstellend.
Die beste und kontinuierlichste politische Unterstützung erfährt die Tafel von Die Linke. Das wünscht sich Wehmer vom Oberbürgermeister bislang vergeblich: Da die Städtischen Eigenbetriebe weiterhin zu wenig Biomülltonnen bereitstellen, muss die Tafel jährlich 25.000 Euro an Abfallkosten stemmen.

Text | Foto: Frank Willberg

Leipziger Tafel e. V.
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Werner Wehmer (r) mit zwei Mitarbeiterinnen.