Schöpfer des modernen Jugendsachbuchs: Otto Spamer

Otto Spamer gehört heute zu den nahezu vergessenen Leipziger Verlegern, obwohl sein Verlag, der vorwiegend reich illustrierte Sachbücher für Kinder und Jugendliche herausbrachte, zu den größten im Deutschen Kaiserreich gehörte.
Am 29. August 1820 in Darmstadt geboren, erlernte Spamer den Buchhändlerberuf von der Pike auf, erst in seiner Heimatstadt, dann in Aschaffenburg. Illustrierte Literatur faszinierte ihn und bestimmte wohl auch schon früh seinen späteren verlegerischen Werdegang. 1847, vor 175 Jahren, begründete Spamer seine Firma in Leipzig, doch zunächst verschlug ihn das Revolutionsjahr 1848 nach Wien und bis in die Türkei. Nach Leipzig zurückgekehrt, hielt er sich zunächst mit dem Handel von Insektenpulver über Wasser, erst 1851 glückte ihm die Herausgabe der „Illustrierten Jugend- und Hausbibliothek“ – Spamer hatte sein Metier gefunden.
In den kommenden drei Jahrzehnten folgte eine Fülle von Kinder-, Jugend- und Familienschriften, stets großzügig bebildert, u. a. der Kosmos für die Jugend, das illustrierte Konversationslexikon und das Buch der Erfindungen. Otto Spamer wurde zum Pionier des Jugendsachbuchs, von etwa 1860 bis 1880 stand sein Verlag an erster Stelle in der deutschen Jugendliteratur. Auch für Erwachsene brachte Spamer Bücher heraus – Ratgeber, Fachliteratur, Lexika; unter dem Pseudonym Franz Otto schrieb er viele Bücher selbst.
Die zahlreichen Illustrationen ließ Spamer in der hauseigenen Xylographie herstellen, auch den Druck besorgte er selbst.
Mit dem 1873 bis 1878 erbauten Spamers Hof in der Littstraße (früher Gellertstraße) schuf er einen repräsentativen Verlagssitz. Als Spamer am 27. November 1886 starb, zählte sein Verlag zu den erfolgreichsten in Deutschland.
Nachfolger Josef Mathias Petersmann ließ für das expandierende Unternehmen, das er zur größten Druckerei in Deutschland ausbaute, ein neues Firmengebäude am Täubchenweg errichten. Das Gebäude wurde durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg in Mitleidenschaft gezogen. Nach Ende des Krieges wurde die Firma enteignet, so dass der Name Spamer aus dem Bewusstsein der Stadt Leipzig verschwand. Lediglich der Schriftzug „Spamers Hof“ am ehemaligen Firmensitz in der Littstraße erinnert noch an den einst bedeutsamen Verlag.

Spamers Hof in der Littstraße.
Text | Foto: Dagmar Schäfer