Schöpfer der legendären „Insel-Bücherei“ – Anton Kippenberg

Die wichtigsten Spuren aus dem Leben und Schaffen des bedeutenden Leipziger Verlegers Anton Kippenberg hat der Zweite Weltkrieg getilgt: das Gebäude des Insel-Verlages in der Kurzen Straße 7 (heute Spohrstraße) fiel im Dezember 1943 in Schutt und Asche; über eine Million Bücher verbrannten. Im Februar 1945 trafen die Bomben dann auch die Kippenberg-Villa in der Gohliser Richterstraße. Gerade noch rechtzeitig konnte der Verleger seine wertvolle und einzigartige Goethe-Sammlung retten. Er selbst übersiedelte nach Marburg/Lahn.
Nur eine Straße in Reudnitz-Thonberg erinnert seit 2001 an Anton Kippenberg, der in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts den Insel-Verlag zu einem der führenden Literatur-Verlage in Deutschland formte und dessen „Insel-Bücherei“ legendär wurde. Wer kennt sie nicht, die kleinen dünnen, in farbiges Papier gebundenen und durchnummerierten Bändchen dieser populären Buchreihe?
Geboren wurde Anton Kippenberg vor 150 Jahren am 22. Mai 1874 in Bremen. Nach einer Buchhändlerlehre kam er 1894 nach Leipzig – und blieb in der Buchstadt bis 1945. Zunächst als Prokurist beim Verleger Wilhelm Engelmann tätig, studierte er zudem an der Universität Leipzig Germanistik sowie Musikgeschichte, Romanistik und Ästhetik. 1901 promovierte er. Gemeinsam mit dem Buchdrucker Carl Ernst Poeschel übernahm er 1905 die Leitung des Insel-Verlages und schuf mit Klassikerausgaben und der „Insel-Bücherei“ ein solides Fundament. Seine Frau Katharina Kippenberg wurde seine wichtigste Mitarbeiterin und das Kippenberg-Haus in der Richterstraße ein Treffpunkt bekannter Schriftsteller.
Der 2022 erschienene Briefwechsel zwischen Kippenberg und Stefan Zweig lässt nachvollziehen, in welchem Maß Zweig nicht allein Hausautor des Verlages, sondern für Kippenberg auch Berater und Freund war – die berühmte „Insel-Bücherei“ basiert auf einer Anregung Zweigs. Umso schwieriger wurde die Verlagsarbeit nach 1933. Werke jüdischer Autoren konnten nicht mehr gedruckt werden, ab Dezember 1933 ruhten die geschäftlichen Beziehungen zwischen Kippenberg und Zweig „vorläufig“. Aus einem Pfeiler des Verlages, so Zweig an Kippenberg, sei nun über Nacht jener Eckstein geworden, an dem mit Vorliebe das Bein gehoben werde. Während Zweig emigrierte, suchte Kippenberg nach Kompromissen mit den neuen Machthabern. Aber die Verhältnisse holten ihn letztlich ein: Mit der Zerstörung des Verlags- und Wohnhauses endete die Ära Kippenberg in Leipzig.
Die amerikanischen Behörden erteilten Kippenberg 1945 eine Lizenz für die Verlagstätigkeit in Wiesbaden, die sowjetischen Behörden erteilten 1946 eine Lizenz für das Leipziger Stammhaus. Obwohl sich Anton Kippenberg unermüdlich für die Fortführung des Verlages engagierte, reichten seine Kräfte nicht mehr: Er starb am 21. September 1950 in Luzern. Seine Goethe-Sammlung befindet sich seit 1956 als „Anton und Katharina Kippenberg Stiftung“ im Goethe-Museum Düsseldorf.

Kippenbergstraße in Reudnitz. Rechts: Band 278 der Insel-Bücherei, erschienen 1942. Im darauffolgenden Jahr wurde das Insel-Verlagshaus im Grafischen Viertel vollständig zerstört.
Text | Fotos: Dagmar Schäfer