Der einst staatsnahe Ostknirps erhielt den Grimme-Preis!
Am 22. November 1959 hatte „Unser Sandmännchen“ seinen ersten Auftritt auf ostdeutschen Bildschirmen. Und im Sommer 1960 bekam die Sandmann-Figur ihre endgültige Form mit 24 cm Größe, einer Zipfelmütze und dem typischen langen, weißen Spitzbart.
Gern erinnere ich mich an die Zeit „Zehn vor sieben“ vor der Flimmerkiste und die vielen „Gute Nacht-Geschichten“. Was mich damals schon faszinierte, war der riesige Fuhrpark des weltweiten Reisekaders. Er half Bauern, besuchte NVA-Kasernen, war Gast auf der Internationalen Gartenbauausstellung „IGA“ in Erfurt“, bei den Weltfestspielen in Berlin, flog sogar in den Weltraum und kehrte stets zurück, täglich und pünktlich abends um 18. 50 Uhr.
Der Ideenreichtum, mit dem Fahrzeugerfinder und Konstrukteur Harald Serowski († 2005) unseren Traumsandbringer durch Fortbewegungsmittel aller Art den Weg rund um die Welt ermöglichte, hat Sandmännchens Fuhrpark längst zur Legende werden lassen. Bei der Entwicklung der Fahrzeuge bewies er viel Fantasie und eine große Liebe zum Detail. Als erster Trickszenenbildner im Trickfilmstudio des Deutschen Fernsehfunks hat er für das Sandmännchen über 1000 Szenenbilder und über 200 Fahrzeuge entworfen und größtenteils auch gebaut.
Auch wenn der Aktionsradius von uns „Ostlern“ über die Grenzen hinaus begrenzt war, der Sand Streuer, schwamm, segelte, surfte und kraxelte in den Bergen und dies mit einer kaum abreißenden Begeisterung. Während der Leipziger Messe erschien es 1970 mit einem neuartigen Senkrechtstarter vor der Kulisse des Leipziger Uniriesen.
52 Jahre später, also 2022, ist „Unser Sandmännchen“ mit neuen Folgen an den Start gegangen und in einem kurzen Filmchen steht auch das wichtige Thema wie Nachhaltigkeit im Fokus. So ist der kleine Traumsandbringer in einem Recycling-Fahrzeug unterwegs: Die Kinder werfen Müll in das „Maul“ der Maschine und kurzerhand verwandeln sich alte Joghurtbecher in Bastel-Elefanten. Diese Idee, welche grandios und kindgerecht umgesetzt wurde, war wohl der ausschlaggebende Punkt für den Erhalt des Grimme-Preises.
Am 21. April 2023 erhielt unser Sandmännchen, der die kleinen und großen Fernsehkieker schon seit über 60 Jahren begleitet, diesen renommierten Medienpreis Deutschlands, der nach dem ersten Generaldirektor des NDR, Adolf Grimme (1889-1963), benannt wurde.
Möge der Traumsand, der in Wirklichkeit silbriger Glimmer ist, noch viele Jahrzehnte die Kinder zufrieden und stressfrei ins Bettchen bringen.
Jens Rübner