Rumpelkammer – Teil 23

Ein DEFA-Film führte zum schweigenden Stern

In den 1960er und 70er Jahren versuchte das volkseigene Filmunternehmen DEFA mit Sitz in Potsdam-Babelsberg sich auch an fantastische Visionen wie der Handlungssphäre Weltraum: Eroberungen des Kosmos, die Entdeckung extraterrestrischer Welten und die Begegnung mit fremden Zivilisationen in fernen Galaxien bestimmten unter anderem das Filmgeschehen.
Den Anfang machte Der schweigende Stern, der auf einer Romanvorlage des polnischen Schriftstellers Stanislaw Lem basiert.
Eine Sensationsmeldung geht um die Welt: Die Entschlüsselung magnetischer Aufzeichnungen einer in der Wüste Gobi gefundenen kosmischen Spule hat ergeben, dass der 1908 über Zentralasien abgestürzte Meteorit in Wirklichkeit ein Raumschiff von der Venus war. Der schweigende Stern ist ein DEFA-Film in Koproduktion mit Polen. Er kam im Februar 1960 in die DDR-Kinos und war der erste utopische Spielfilm.

Hauptthema des Films ist die Warnung vor einer nuklearen Katastrophe – einer Gefahr, die angesichts des Kalten Krieges und der Atombombentests in den USA und der Sowjetunion in den 1950er Jahren gegeben war. Zudem wird im Film an mehreren Stellen auf den Atombombenabwurf auf Hiroshima Bezug genommen: Yoko Tani (1928-1999), eine franko-japanische Schauspielerin, übernahm in diesem Streifen den Part einer japanischen Ärztin namens Sumiko Ogimura. Sie erlebte tatsächlich als elfjähriges Mädchen den Bombenabwurf mit und wurde dadurch unfruchtbar.
Mehr als ein paar Randnotizen: Diese Ko-Produktion kostete fast sechs Millionen DDR-Mark, wovon der DEFA-Anteil 80 Prozent betrug.
Es war der letzte Film, den die gebürtige Tschechin Ruth Maria Kubitschek (*1931) mit der DEFA drehte; noch vor dem Erscheinen im Jahr 1960 verließ sie die DDR. Durch die zehnteilige bayerische Fernsehserie Monaco Franze – Der ewige Stenz (1983) erreichte sie eine überdurchschnittliche Bekanntheit.

Im Westen nannte man diesen utopischen Spielfilm der DEFA Raumschiff Venus antwortet nicht. Unter dem Namen First Spaceship on Venus gelangte gar eine auf 82 Minuten gekürzte Version in die USA und nach Großbritannien. Allerdings bekam diese Ausführung eine neue Filmmusik und alle auf Hiroshima verweisenden Dialoge wurden entfernt.

Schauspieler aus sieben Nationen, gepaart mit damals bemerkenswerten Spezialeffekten und Trickaufnahmen, machten diesen sozialistischen Genrefilm zu einer erfolgreichen Filmproduktion.
Es folgten drei weitere: Signale – Ein Weltraumabenteuer (1970), Eolomea (1972) sowie Im Staub der Sterne (1976).

Jens Rübner

Filmprogramm: VEB Progress Film-Vertrieb 14/1960 / Archiv Rübner