Paunsdorf gestern und heute: Das Rittergut Paunsdorf und seine Besitzer (3. Teil)

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Ein unbequemer Partner und Widersacher vom Gemeindevorstand Robert Dölling war der Rittergutsbesitzer Woldemar Kärner. Obwohl die Priorität der Machtausübung durch den Wegfall der Lehnsherrschaft klar geregelt war, versuchte dieser immer wieder gegen die Gemeindeinteressen anzugehen. So erhob er gegen das Errichten von Bordsteinen Einspruch, die Nutzung des Lehdenweges zur Abfuhr von Asche und Müll wurde untersagt, obwohl der Weg zur Hälfte der Gemeinde gehörte. Die Durchleitung von Wasserrohren über seinen Grund untersagte er ebenfalls, die Gemeinde Schloss ihn deshalb nicht an die Wasserversorgung an. Er baute daraufhin seinen Muldenbrunnen. Zum Entschlammen des Dorfteiches versagte er auch seine Dienste …
Als Paunsdorf 1922 in die Stadt Leipzig eingemeindet worden war, ließ der Rittergutsbesitzer Woldemar Kärner seinen Rittergutsbezirk nicht mit nach Leipzig eingemeinden. Er verteidigte seinen Besitz bis zu seinem Tode am 28. Mai 1924.
Nach seinem Tod wurde das Rittergut in eine Kärner-Stiftung gewandelt und von Major a. D. Fritz Teuscher als Gutsdirektor verwaltet. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 übernahm dessen Frau allein die Verwaltung, sie ist eine geborene Schnorr von Carolsfeld, eine Nichte von Woldemar Kärner.
In Folge der Bodenreform wurde die Majorin am 21. Dezember 1945 enteignet und gezwungen, binnen weniger Stunden das Rittergut zu verlassen.
1948 wurden das Herrenhaus und der Muldenbrunnen abgetragen, und alle wertvollen Sammlungen Kärners (Waffen, Geweihe, Insekten, Hölzer, Pflanzen u. v. m.) sowie alle Akten über Gerichtsverhandlungen und Verwaltungsakten dem Archiv von Leipzig übergeben.
Der Gutsbezirk umfasste 315 Acker oder 175 Hektar, diese Felder wurden an Neubauern verteilt.
Die Familiengrabstelle von Kärner im Paunsdorfer Wäldchen war ein künstlich aufgeworfener Hügel, unterirdisch gewölbt gemauert und mit einem Eisenzaun umgeben. In dieser Gruft waren drei Generationen Kärners in Zinnsärgen beerdigt worden. Nach 1945 wurde die Gruft von habgierigen Leuten geplündert.
Laut Kirchensitzung vom 20. Februar 1953 wurde beschlossen, die Gebeine aus der Gruft zum Paunsdorfer Friedhof an der Hohentichelnstraße zu überführen. An einer Rabatte wurde für 30 Jahre eine Grabstelle zur Verfügung gestellt.

Das Foto zeigt die Schwedenstraße (ab 1. April 2001 Theodor-Heuss-Straße) im Jahr 1927. Rechts am Eingang zum Rittergut ein Wohn- und Wirtschaftsgebäude, links das Herrenhaus. An der Mauer neben dem Eingang ein Plakat: „Hier wird gestreikt Wer arbeitet ist ein Lump!“ Am linken Bildrand beginnt der Lehdenweg.
Text | Foto: Lothar Schmidt