Kettenreaktion auf Licht­müll

Es wird viel geredet und geschrie­ben über „Feinstaubbelastung“, die gar nicht so fein sei für uns Men­schen. Es werden sogar grobe Schritte von „der Politik“ angestrengt, um gegen den mit Feinstaub belastenden Verkehr vorzugehen. Gleichzei­tig bleibt ein Bereich gänzlich außen vor: die Bebauung jeglicher Lücken, das Zupflastern anlie­gender Brachflächen als Parkraum und, die kaum oder gar nicht beachtete Verschmutzung durch Lichtquellen.
Das Zupflastern von freien Flächen bewirkt, dass die ‚gute Belüftung‘ der Hinterhöfe zu­gunsten eines Kamineffektes unter­bunden wird. Auch hat die Fauna eines Hofes keinen Austausch mehr mit der umgebenden Tierwelt. Und sogar schützenswerte Bäume werden zugunsten pflegeleichter Bepflasterung geopfert …
Gesponnen? Jeden einzelnen Fakt erlebe ich gerade hier in mei­nem Wohnblock. Aber Schwamm drüber: der große Baum ist gefällt, das neue Ärztepraxishaus (das sechste im 100-Quadratmeter-Radius) ist gebaut, der Parkplatz auf der einsti­gen Freiluftgalerie ist fertig. Kunst, Kultur und Natur haben zu­rückstecken müssen, aber der Vernichtungsfeldzug geht weiter, wenn vielleicht auch nur ungeplant durch Gedankenlo­sigkeit. Abends beginnen zwei Lampen am neu gebauten Haus zu strahlen, unablässig, die ganze Nacht über – grell und hell, so dass Anwohner sogar auf die ‚Nachts-Pinkeln-Gehen-Beleuchtung‘ ver­zichtet können. Was daran problematisch ist? Nun: Starke Lichtquellen wirken auf Fluginsekten wie ein Staubsauger – sie tänzeln ums Licht, bis sie vor Erschöpfung tot zu Boden fallen – und dann fehlen sie den tagaktiven Vögeln und ihrer Brut als Nahrungsquelle.
Das in vielen Berichten beschriebene Fehlen und Sterben (gar Aussterben) von Vögeln lässt sich auf diese Weise noch beschleunigen. Was bleibt, ist eine Verarmung der Vielfalt.
Zwei simple, letzten Endes bestimmt weit kostengünstigere Bewegungsmelder, wären hier sinnvoller. Einen nachts mit mehreren hundert Watt bestrahlten Innenhofparkplatz braucht kein Mensch – aber den Erholungswert unserer Biotope durchaus.
Insofern lohnt es sich schon, über den „Tellerrand“ zu schauen und zu überlegen, wie wir unsere kleinen „Inseln“ – sprich Natur – erhalten können.

Ulrich Steffen Rath