(Keine) Angst vor Bürgerbeteiligung

Niemand ist offen gegen Bürgerbeteiligung. Aber wie gut ist die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung in Leipzig, und wie ehrlich wird sie durchgeführt?
Wenn beispielsweise das Amt für Stadtgrün und Gewässer Spielplätze modernisieren will, wird oft im Vorfeld ein Vororttermin angestrebt, in welchem die Meinung der Anwohner und künftigen Nutzer, ihre Wünsche, Anregungen sowie Kritik, ehrlich willkommen ist. Alles auf Augenhöhe. Gut.
Das Gegenteil war aus meiner Sicht die Umgestaltung der KarLi. Stadt und Kommunale Eigenbetriebe wollten das Verkünden ihrer Pläne als Beteiligung verkaufen und waren sichtlich angefressen, als diese mit Kritik überzogen wurden. Unermüdlicher Gegenwind erzwang dennoch eine Überarbeitung. Aber muss das sein? Ist es nicht besser, Partizipation von Anfang an zuzulassen und offen dafür zu sein? Denn für wen arbeiten Politik und Verwaltung, wenn nicht für die Stadt und ihre Bürger?
Im Rahmen von EU-Förderung ist die Teilhabe der Bürger oft zwingend vorgeschrieben. Das garantiert zwar weder Harmonie zwischen Bürgern und Verwaltung noch eine zügige und erfolgreiche Umsetzung gemeinsamer Ideen. Aber sonst gäbe es die Foren, IGs, Workshops sowie Publikationen im Leipziger Westen und Osten vielleicht gar nicht.
Seit Mitte März informiert eine Online-Plattform unter www.leipzig.de/ueberblick-beteiligungen zur Bürgerbeteiligung bei laufenden und geplanten städtische Projekten, inklusive Ansprechpartner und Kontaktmöglichkeiten.
„Die Bürgerstadt Leipzig hat große Traditionen in der Mitgestaltung durch die Bürgerschaft“, so Dorothee Dubrau, Baubürgermeisterin der Stadt Leipzig. Klingt gut.
Aber die Offenlegung des Pleißemühlgrabens wiederum ist eine Zumutung. In der halbherzigen Bürgerbeteiligung „kamen die notwendigen Informationen zum Ort eindeutig zu kurz“, urteilt Heinz-Jürgen Böhme von ProLeipzig e. V. „Nein, optimal geht anders.“
Auch Planungskriterien seien kaum vermittelt worden, da beide Dialogverfahren vom Moderatorenbüro zu sperrig strukturiert gewesen seien. „Zu wenig Raum für wirklichen Dialog, für freie Diskussion und für freien Streit in der Sache. Zu reglementiert, zu sehr an irgendwelchen theoretischen Verfahren orientiert“, kritisiert Böhme. „Selbst das Online-Votum verprellte in der angebotenen Form viele Bürger.“
„Mit der gelungenen Bürgerbeteiligung haben wir zum einen das Fließgewässersystem unserer Stadt in das Bewusstsein der Leipziger gerückt und sie zum anderen aktiv an der Öffnung weiterer Wasserläufe beteiligt“, verkündet unbeirrt Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal in den Pressemitteilungen im April und jüngst im November.
Was sind das rege Interesse mit jeweils gut 100 Besuchern bei zwei Bürgerveranstaltungen sowie mehr als 1.000 Besuche der Onlinebeteiligungsplattform wert, wenn die Stadtverwaltung auf dem von ihr von vornherein favorisierten alternativen Verlauf vor dem Gebäude beharrt, obwohl 64 Prozent für den historischen Verlauf hinter der Hauptfeuerwache votieren? Der Stadtrat wird es entscheiden.

Text: Frank Willberg
Foto: Ufertreppe Haupfeuerwache Leipzig. Stadt Leipzig | Stadtplanungsamt