Hand-Werk ist Kopf-Werk – zu Besuch in der Schuhmacherei Baumann

Wessen Schutzheiliger ist wohl Sankt Crispin? Welches Handwerk feiert am 25. Oktober diesen Schutzheiligen? Nein, ich hätte keine Antworten auf diese Fragen gewusst. Es sind die Schumacher, die gern auch als Schuster bezeichnet werden.
Ein solcher ist Peter Baumann, der mit seinem Sohn eine Werkstatt auf der KARLI in der Südvorstadt hat, das schon seit 2003. Davor war er, der 1966 seinen Gesellenbrief und 1990 den Meisterbrief als Schuster erhielt, mit seiner Werkstatt in Probstheida zu Hause.

Seine Werkstatt mutet, nicht nur des wunderbaren Geruchs wegen – einem Gemisch aus Leim und Leder – heute eher wie ein Museum an. Was für den ersten Moment anheimelnd sein mag, lässt dennoch Fragen aufkommen.
Kein High Tech, wo doch alles nach Wirtschaftlichkeit und Fortschritt „schreit“? Zwar arbeiten Vater und Sohn nicht mehr wie Crispin nur mit Schustermesser, Ahle und Zange, aber immerhin ist ihre Arbeit pure Handarbeit.
Über 7000 Jahre ist das Schuhmacherhandwerk, das eigentlich von den Gerbern abstammt, alt. Und trotz allen Fortschritts sind Geschicklichkeit, Handfertigkeit und das richtige Augenmaß das A und O. Das macht einen Handwerker aus! Und so verwundert es nicht, dass der tüchtige Schuster aus der KARLI sagt: „Die Politik muss endlich sagen, dass Handwerk dringend gebraucht wird!“ Reden allein hilft nicht. Jeder Mensch benötigt in seinem Alltag oftmals einen Handwerker – egal ob ein Schuhabsatz erneuert, eine Wohnung gemalert oder ein Dach gedeckt werden muss. Es mag profan klingen, wenn Peter Baumann sagt: „Das Handwerk ist wichtig“, es trifft aber den Nagel – in dem Falle sicherlich – in die Schuhsohle. Und deshalb braucht das Handwerk dringend Unterstützung und mehr Wertschätzung!

Was die Liebe zu seinem Handwerk ausmachen würde, möchte ich von dem Schustermeister wissen. Das Beste an seiner Arbeit sei, dass es keine Routine gibt, stets werde er aufs Neue gefordert. Zufrieden schauend fügt er an: „Freude ist der Lohn!“ Wenn also letztendlich der Kunde glücklich ist, dass seine „Lieblingstreter“ wieder funktionstüchtig sind oder bei den HighHeels der Absatz fest hält.
Natürlich soll und muss Handwerk auch äquat bezahlt werden. Aber wer ein Paar Schuhe aus gutem Leder hat und sich darin wohl fühlt, ist froh, wenn Baumann und Sohn sie wieder auf Vordermann bringt. Darunter versteht man schließlich Nachhaltigkeit. Wegschmeißen ist schnell getan, erhalten und reparieren liegt aber im Trend. Der Slogan der Schuhmacherwerkstatt lautet deshalb auch: „Jeder sollte es kapieren, Umweltschutz heißt reparieren!“
Und so sollte für viele der Schuhmacher eine Art Schutzheiliger sein, einer für die Schuhe, die einen durchs Leben tragen.

Ein gutes Gespann: Vater und Sohn in ihrer Werkstatt.
Text | Foto: Michael Oertel