Gefahrvolle Weihnachten – Entdeckungsreise durch den Urwald

Für den Leipziger Amerikaforscher Eduard Friedrich Poeppig (1798-1868) hielt das Weihnachtsfest 1829 ein gefährliches Abenteuer bereit. Am Abend des 23. Dezember unternahm er einen kurzen Spaziergang, in Gedanken bei seinen rasch anwachsenden Sammlungen und einigen kleinen Vorbereitungen für das Weihnachtsfest, das er allein im Urwaldgebiet um Pampayaco am Ostabhang der peruanischen Anden verbringen würde. Plötzlich spürte er am Knöchel des einen Fußes einen so starken Schmerz, dass er unwillkürlich beiseite sprang, da er die Verwundung durch ein giftiges Tier vermutete. Er entdeckte eine sehr große Schlange, die ruhig neben ihm lag, spiralförmig zusammengerollt, den Kopf hocherhoben. „Unvergesslich wird mir stets der Anblick der, vielleicht aus Zorn, zinnoberroth leuchtenden Augen sein, die im Halbdunkel des Waldes doppelt fürchterlich glänzten, während der braungefärbte Körper des verrätherischen Unthiers von den modernden Blättern und Rinden des Bodens kaum zu unterscheiden war.“ Die herbeigerufenen Helfer erklärten die Bisswunde für tödlich. Zwei Wochen schwebte Poeppig zwischen Leben und Tod, dann siegten Jugend und kräftige Konstitution.
Die packende Schilderung des lebensgefährlichen Schlangenbisses gehört zu den Höhepunkten von Poeppigs Reisebeschreibung „Reise in Chile, Peru und auf dem Amazonenstrome während der Jahre 1827 – 1832“. Der Vorfall, den er für eine wissenschaftliche Beschreibung der Giftschlange Flamon nutzte, ereignete sich im siebenten Jahr seiner Amerikareise, drei weitere Jahre dauerte es, bis er wieder europäischen Boden betrat.

Bei seiner Rückkehr brachte er mit vielen anderen Pflanzen und Präparaten eine äußerst beeindruckende Pflanze mit nach Deutschland: die Riesenseerose Victoria amazonica – siehe Foto. Er löste damit unter Pflanzensammlern in ganz Europa einen Sturm der Begeisterung aus, vielerorts entstanden Victoriahäuser, die eigens für die Seerose gebaut wurden. Auch in Leipzig: das 1877 errichtete Gewächshaus im Botanischen Garten der Universität erinnert an die gefahrvolle Forschungsreise des Leipziger Wissenschaftlers Eduard Friedrich Poeppig.

Dagmar Schäfer

Die Amazonas-Riesenseerose (Mitte).
Abb.: Archiv der Autorin