Caspar Richters Schlösschen in Gohlis

Im Leipzig des 18. Jahrhunderts wurde die „Sommerfrische“ zur Bürgermode. Wer es sich leisten konnte, versuchte der Stadt mit ihren engen, verwinkelten Gassen zu entfliehen – vorzugsweise ins schöne Dorf Gohlis, das durch das Rosental schnell zu erreichen war und rasch zum Lieblingsziel der städtischen Naturschwärmer wurde.
Auch den angesehenen und vermögenden Leipziger Kaufmann und Ratsbaumeister Johann Caspar Richter zog es ins Grüne. Am 16. September 1708 als Sohn des Leipziger Handelsherrn Christian Richter in Leipzig geboren, betrieb er gemeinsam mit seinem Gesellschafter Chr. G. Neuhauß ein Wechselgeschäft und einen Großhandel mit holländischen und englischen Seiden- und Wollstoffen sowie überseeischen Produkten. Als Sohn vermögender Eltern hatte er in der Jugend Bildungsreisen ins Ausland unternehmen können und dabei ein besonderes Interesse für Baukunst entwickelt. Ein Porträt aus dem Jahr 1763, in dem Richter das Amt des Ratsbaumeisters übernahm, zeigt, wie er den Aufriss zum Gohliser Schlösschen, seinem eigenen Sommersitz, entfaltet – es sollte der schönste Landsitz in Leipzigs Umgebung werden, ansprechend und schlicht zugleich.
Das Grundstück für den Schlossbau, zwei benachbarte Bauerngüter an der Südseite des Gohliser Dorfangers, war Richter durch Heirat zugefallen. Nach dem Tod seines Kompagnons hatte er dessen Witwe Christiana Regina Neuhauß, geb. Hetzer, geehelicht. Er ließ die alten Gebäude abreißen und 1755/56 das Gohliser Schlösschen bauen, das als Höhepunkt bürgerlicher Spätbarockkunst in Leipzig gilt. Der Siebenjährige Krieg aber verzögerte den Innenausbau des Sommersitzes, da Richter sich als einer der wohlhabendsten Leipziger Bürger an den Kontributionen beteiligen musste. Als er vor 250 Jahren am 7. August 1770 starb, war sein Schlösschen noch nicht vollendet.
Diese Aufgabe übernahm der Leipziger Universitätsprofessor Johann Gottlob Böhme, nachdem er Richters Witwe geheiratet hatte. Er übertrug Adam Friedrich Oeser, Direktor der Leipziger Zeichenakademie, die festliche Ausschmückung der Gesellschaftsräume.
Das Deckengemälde „Lebensweg der Psyche“ im Festsaal blieb erhalten und wurde 2013 restauriert, weitere von Oeser geschaffene Kunstdenkmäler sind im Park zu entdecken. Nach dem Tod der Eheleute Böhme 1780 kam das Schlösschen an den Hof- und Justizrat Johann Hieronymus Hetzer, der es zu einem „Musenhof am Rosental“ machte. 1785 sollen Friedrich Schiller und dessen Freunde hier zu Gast gewesen sein.
An Johann Caspar Richter, den Erbauer des Gohliser Schlösschens, erinnert in Gohlis seit 1896 die Richterstraße.

Dagmar Schäfer
Abb.: Archiv der Autorin

Das Schlösschen in Gohlis, Kupferstich Ende des 18. Jahrhunderts

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