Biogemüse für Tafelkunden

Ein-Euro-Jobber beackern Leipziger Schollen

Zuerst spross das Gemüse in der Messestadt aus dem Boden. Dann wuchs es nahezu überall. Die Rede ist von inzwischen 200 bundesweit operierenden „Tafelgärten“ in Kleingartenvereinen (KGV) nach Leipziger Vorbild. Der Startschuss für das Projekt fiel 2007 im Stadtteil Anger-Crottendorf.
In der Messestadt deckt diese Bewirtschaftungsform 20 Prozent aller Gemüse- und Obstgaben für Bedürftige ab. Aktuell machen zehn Kleingartenvereine mit. „Damals lagen im Stadtgebiet gut 4000 Parzellen brach“, erklärte der Projektleiter für Arbeitsgelegenheiten vom Verein Wabe, Helgo Schmolke (55), im Gespräch mit Ortsblatt-Leipzig. In Anger-Crottendorf ging so im KGV „Kultur“ am ersten April 2007 die erste Parzelle mit Exklusiv-Anbau für die Leipziger Tafel an den Start. An dem gesunden Projekt beteiligen sich damals wie heute das Jobcenter, der Tafelverein, der Leipziger Stadtverband der Kleingärtner nebst Kreisverband Westsachsen sowie der Trägerverein Wabe.

Kartoffeln und Tomaten frisch von der Scholle
Beackerten von 2007 bis 2010 ABM-Kräfte die Schollen, tun dies in Leipzig aktuell jeweils bis zu 140 Ein-Euro-Jobber. So bauen 20 Maßnahmeteilnehmer auf rund 3000 Quadratmetern etwa auch in den beiden Stötteritzer Kleingartenvereinen „Neues Leben und „Osthöhe“ frische Biokost an. In zwei Tagesschichten sorgen sie dafür, dass die Tafel für ihre Kunden Kartoffeln, Tomaten oder Kohl erhält. Zudem spenden einige Leipziger Kleingärtner dem Verein regelmäßig ihre Ernteüberschüsse.
„Viele Teilnehmer haben auf dem Arbeitsmarkt Vermittlungsprobleme“, erläuterte Helgo Schmolke weiter. In den Tafelgärten erhielten sie neben einer Tagesstruktur auf alle Fälle  wieder persönlichen Aufwind. Dies empfinden  auch Maßnahme-Koordinator Jörg Roscher (53) und Fachanleiterin Angelika Richter (64) so. „Über der gemeinsamen Gartenarbeit sind sogar Freundschaften entstanden“, wußte Roscher zu berichten. Und ganz nebenbei würde mehr Bewusstsein für gesunde Ernährung geschaffen. „Die meisten kommen absolut gerne hierher“, brachte es Angelika Richter auf den Punkt. Im Winterhalbjahr basteln die Ein-Euro-Jobber dann an Exponaten für Erlebnisgärten mit Holzfiguren oder Insektenhotels.

Klaus Ewald ist seit 50 Jahren KGV-Vorsitzender
Wie beurteilen der Vorsitzende des KGV „Neues Leben“, Klaus Ewald (79), und dessen Stellvertreterin Evelyn Schonack (67) das Tafelgartenprojekt? „Wir können uns als Verein wirklich nicht negativ äußern, es sind fleißige und zuvorkommende Leute“, antwortete Klaus Ewald  überzeugt. Der rüstige Senoir feierte dieses Jahr übrigens runde 50 Jahre Vorstandsamt!  „Mein Weg führte seit meiner Geburt 1940 in unseren Gartenverein“, verriet der 79-jährige KGV-Vorsitzende Ortsblatt-Leipzig abschließend mit berechtigtem Stolz in der Stimme.

Text | Foto: Anke Brod

Die Koordinatoren Jörg Roscher, Praxisfee Angelika Richter, Projektleiter Helgo Schmolke und Wabe-Geschäftsführer Jörg Braun (41) (von l.n.r.).