Wohnen in Stötteritz bald 700 Menschen mehr?

Zaubergarten signalisiert Offenheit

Auf der weiten Gewerbebrache zwischen Kolmstraße und Holzhäuser Straße in Stötteritz könnte 2024 schon ein nagelneues Stadtquartier mit 400 Wohnungen inklusive Oberschule, Kita und Sporthalle stehen. In einer Online-Bürgerbeteiligung zum Bauleitplanverfahren ging es Ende April um das Thema Verkehr und den Erhalt der angrenzenden Grünoase „Zaubergarten“. Die Basis für den Planungsvorentwurf ist der 2018 aus einem städtebaulichen Wettbewerb erwachsene Masterplan. Zuvor hatte der Rat der Stadt Leipzig die Aufstellung von Bebauungsplan Nr. 444 beschlossen.

Bei Häusern bis zu fünf Etagen werde die Flächenversiegelung im neuen Quartier so gering wie möglich gehalten, versprach Thomas Mehlhorn vom Stadtplanungsamt den Zuhörern während der digitalen Anhörung. Bereits Ende 2021 könnten auf der Fläche die Bauvorbereitungen starten. Insgesamt werde ein autoarmes Viertel angestrebt, informierte der Stadtplaner.

Ruf nach Naturschutz

Der seit 2007 zur Schüler-Umweltbildung vom Verein Columbus Junior geführte Zaubergarten war einst eine DDR-Schulgartenanlage. Nun finden sich hier Projektergebnisse wie Baumhaus, Weidentipi, Lehmbackofen, gemütliche Sitzgelegenheiten, Freiluftschachspiel, Kräuterspirale, Insektenhotel oder ein kleiner Teich. Die Sicherung dieses Grünzuges sei von vornherein im Konzept mit vertreten, sagte Mehlhorn weiter. Dennoch sollen für den „B-Plan 444“ rund 40 Prozent des drei Hektar umfassenden Naturareals abgezwackt werden. Das betrifft die gesamte rechte Seite ab Zaubergarten-Eingang an der Holzhäuser Straße 130. Ferner soll vorn eine öffentliche Mehrzweckfläche mit Allwetterbelag hinkommen. Dafür fallen die Wiese, eine baufällige Baracke und einige Bäume weg. Jener „Bolzplatz“ sorgte in Stötteritz bereits für Unmut: Nur 300 Meter weiter agiert ein großer Sportverein…
Der Schulhof der geplanten Oberschule würde unmittelbar an die links komplett belassene Zaubergartenhälfte grenzen. Deshalb wurde in der Bürgeranhörung der Ruf nach guter Einfriedung für das Refugium laut. Eine Antwort gibt es bisher nicht. Bei alledem müsse die Nachbarschaft sensibilisiert werden, meinen die Stadtplaner.

Chancen für alle

Columbus Junior gibt sich offen: Nicht nur, dass die Schule umweltpädagogische Vereins–angebote nutzen könne, gleichzeitig könnten in der schuleigenen Sporthalle sowie Werkstätten Veranstaltungen des Zaubergartens stattfinden. Das wünscht sich der Verein um Vorstand Nicole Schmidt (34) in einer Stellungnahme. Der Verein möchte zudem das an der Kommandant-Prendel-Allee 63 genutzte Gebäude nach Abriss ersetzt wissen. Hier sind bisher Büro, Lager und Schulungsräume für das ganzjährige, wetterunabhängige Angebot angesiedelt. Des weiteren unterhält der kooperierende Verein Columbus darin zwei Werkstätten für Beschäftigungsmaßnahmen des Jobcenters. Die Mitarbeiter bringen im Zaubergarten Installationen für Veranstaltungen an und pflegen das Gelände. „Daher muss der Betrieb dieser Maßnahmen innerhalb der ´Zaubergartenräumlichkeiten` weiterhin gesichert sein“, lautet der Appell von Columbus Junior an die Bauplaner. Hierzu ließe sich etwa die vorhandene „Villa“ ausbauen.

Funktionierendes Ökosystem mit Tieren

Der Zaubergarten ist ein funktionierendes Ökosystem mit Insekten, Säugetieren, Amphibien und Vögeln. „Wir haben es geschafft, Pflanzen wie Tieren trotz zahlreicher Veranstaltungen genügend Fläche zur Entfaltung zu bieten, insbesondere Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere“, betonen die Zaubergartenbetreiber. Im Schutz des Lebensraumes in unmittelbarer Nähe von Oberschule und Schulhof sieht Columbus Junior „eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe“. Mit jedem Flächenverlust reduziere sich der Rückzugsraum von Pflanzen und Tieren. Zudem störten versiegelte Flächen, so der Kunststoffbelag eines Bolzplatzes, den unmittelbaren Wasserhaushalt sowie Klima. Ortsveränderungen oder Entfernungen stellen ebenfalls einen erheblichen Eingriff in den „Lebensraum Zaubergarten“ dar.

Vorstand Nicole Schmidt vom Verein Columbus Junior (rechts) und Fachanleiter Matthias Ruß sind offen für kommende Nachbarn.
Text | Fotos: Anke Brod