Wer holt endlich den alten Bahnhof aus dem Dornröschen­schlaf?

Bürgerverein Stötteritz lud zur Führung ein

„Gewohnt souverän führte uns der Stadtbezirkskonservator Henning Wetzel, zum x-ten Mal zu interessanten Orten in Stötteritz. Diesmal konnten wir innen und außen den noch unsanierten Stötteritzer Bahnhof besichtigen. Zahlreiche historische Darstellungen und Karten zeugten von dem (damaligen) imposanten Gebäude. Wir hoffen, dass der Investor das Gebäude in neuem Glanz erstrahlen läßt, inkl. der historischen Einfriedung. Geplant sind eine Wohn- und Gewerbenutzung und ggf. ein Neubau im hinteren Teil des Grundstückes – wir sind gespannt!“, heißt es in einer Presseinformation des Bürgervereins Stötteritz.

Ortsblatt-Autorin Anke Brod schaute mit hinter die Kulissen und informiert noch einmal über Geschichte und Gegenwart des Stötteritzer Bahnhofes, der auch immer wieder im Fokus von Leserbriefen ans Ortsblatt steht.
Das seit Ende 2013 mit Inbetriebnahme des City-Tunnels brachliegende Bahnhofsgebäude an der Güntzstraße in Stötteritz wurde kürzlich zum „Lost-Places“-Schauplatz: Mit Stadtbezirkskonservator Henning Wetzel als Fachmann voran geleitete der Stötteritzer Bürgerverein Interessierte im September durch das Innenleben. Bis dato gibt es weder Investoren noch Nutzungspläne für das unsanierte historische Gemäuer.
Der Bahnhof wurde im Dezember 1891 als Güterladestelle eröffnet und diente ab Mai 1893 zudem als Haltestelle für den Personenverkehr. Der Verkehr nahm bald zu, und so erweiterte man die Gleisanlage. Ab dem ersten Mai 1905 hieß der Haltepunkt offiziell „Bahnhof Stötteritz“. Ein  Jahr später war das geklinkerte Empfangsgebäude für Reisende und Mitarbeiter fertig.

Nach der Elektrifizierung des „Sächsischen Dreiecks“ mit den Städten Leipzig, Dresden, Chemnitz und Zwickau erhielt die Anlage in den 1960er Jahren Fahrleitungen. Wegen der wirtschaftlich guten Position am Güterring nahm die ehemalige „Deutsche Reichsbahn“ in Stötteritz 1968 einen Container-Umschlagplatz in Betrieb. Mit dem Start der Leipziger S-Bahn im Jahre 1969 fungierte der Bahnhof dann als „Haltepunkt Leipzig-Stötteritz“. Die Züge bedienten den Hauptbahnhof und retour. Doch mit dem 24. November 2012 ruhte der Abschnitt „Leipzig-HBf – Stötteritz“ nach 134 Jahren schließlich für immer, das stilvolle Bahnhofsgebäude liegt seither im Dornröschenschlaf. Die Adresse ist für S-Bahn-Nutzer seit Dezember 2013 mit Eröffnung des City-Tunnels nur noch ein Haltepunkt mit Treppen- und Fahrstuhlzugang von der Westseite aus.

Schutz gegen Vandalismus
Um das Bahnhofsgebäude nach dem Nutzungsende durch die Deutsche Bahn AG vor Zerstörung und Verfall zu schützen, initiierte 2018 das städtische Amt für Bauordnung und Denkmalpflege die Reparatur der Dachentwässerung. Auch wurden Fenster und Türen versiegelt. Die Abteilung Denkmalpflege kontrolliert das Grundstück regelmäßig – vor allem auf unbefugtes Betreten.

Nach Auskunft von Henning Wetzel ist über einen Verkauf des Bahnhofs oder Absichten eines potentiellen neuen Eigentümers  derzeit nichts bekannt. Denkbar wäre hier ein kombiniertes Wohn- und Gemeinschaftprojekt mit künstlerischer, gastronomischer oder sozikultureller Nutzung . Das wünschen sich zumindest einige Bürger.

Wie eine Trutzburg behauptet sich der alte Stötteritzer Bahnhof.
Foto: Anke Brod