Weihnachts­geschenk als Fingerzeig

Weihnachtsgeschenke erzählen ihre ganz eigenen Geschichten, so auch jenes Geschenk, das Clara Wieck zu Weihnachten 1839 von Robert Schumann erhielt: ein Kochbuch als Weihnachts- und Brautgeschenk in einem. Robert Schumann hatte das Buch mit einem Schmuckeinband und goldgeprägter Inschrift versehen lassen: „Meiner Hausfrau gewidmet R. S.“ Schon seit der heimlichen Verlobung im August 1837 entwarf er Zukunftspläne für ihr beider Leben, als künftiger Ehemann glaubte er, das Recht und auch die Pflicht zu haben, Clara in seine Vorhaben einzufügen. So schrieb er am 29. November 1837 an sie: „Am liebsten möchte ich meine jetzige unabhängige Stellung noch einige Zeit behalten, ein hübsches Haus nicht weit von der Stadt haben – Dich bei mir, – arbeiten, – selig und still mit Dir leben.“ Claras Kunstausübung wies er einen Platz zu: „Deine große Kunst würdest Du natürlich pflegen, wie immer, doch weniger für Alle und des Erwerbs wegen, als für einzelne auserlesene und unseres Glückes halber.“ Roberts Lebensentwurf sprach eine klare Sprache: Er wünschte sich Clara als Frau an seiner Seite, die im Hauptberuf Hausfrau und Mutter und Künstlerin nur im Nebenberuf war.
Zum Hauptberuf „Hausfrau“ gehörte auch das Kochen. Auf diese Tätigkeit, die für Clara bisher fremd und ungewohnt war, wollte Robert sie mit seinem Geschenk einstimmen, sie an künftige Pflichten heranführen.
Clara war von ihrem Vater bisher bewusst von Tätigkeiten im Haushalt ferngehalten worden. Friedrich Wieck tat alles, um Claras Karriere als Pianistin zu befördern. So war Clara mit 20 Jahren zwar eine gefeierte Virtuosin, aber von Haushaltführung und Kochen wusste sie nur wenig.
„Neues einfaches Kochbuch für bürgerliche Haushaltungen“ lautete der Titel des Weihnachtsgeschenkes für Clara Wieck – ein wohlerprobtes Kochbuch in fünfter Auflage, mit dem jeder ohne Vorkenntnisse kochen lernen konnte. Und Clara mühte sich tatsächlich am Küchenherd! Ein Rückzug vom Konzertleben aber kam für sie wohl nie in Betracht. Schon im August 1839 schrieb sie ins Tagebuch: „Meine Kunst lasse ich nicht liegen, ich müßte mir ewige Vorwürfe machen.“
Eine gute Gastgeberin wurde Clara Schumann dennoch. Bei den Schumanns trafen sich Freunde und Künstler aus ganz Europa, und so wurde die Wohnung in der Inselstraße schon bald zu einem musikalischen Salon.

Dagmar Schäfer

Zum Weiterlesen: Dagmar Schäfer, Clara Schumann lädt zum Diner, Husum Verlag, 10,95 EUR.
ISBN 978-3-89876-462-9