Graffitiwand und Jugendtreff in Engelsdorf
Misstöne sind selten auf feierlichen Eröffnungen. Selbst wenn es Probleme gab, wurden sie offenbar überwunden. So auch am 10. Juli in Engelsdorf, als Leipzigs fünfte legale Wand offiziell eröffnet und mit einem Graffiti-Workshop eingeweiht wurde.
Die Wall of Fame Engelsdorf befindet sich am Rande des Firmengeländes der MFPA Leipzig GmbH und in Sichtweite des S-Bahn-Haltepunktes Engelsdorf. Neben den bestens fürs Sprayen geeigneten großflächigen Betonplatten befinden sich ein Basketballkorb sowie ein Unterstand auf dem umzäunten Areal. Platz und Potenzial für mehr sind vorhanden, so Lutz Wiederanders vom Jugendamt. Der Sachgebietsleiter Straßensozialarbeit freut sich, dass die Jugendlichen den Platz bereits seit April annahmen und nutzten, als er noch gar nicht fertig war.
Andererseits herrscht jedoch auch Mangel. 23 Spielplätze für Kinder hat Engelsdorf, zählt Ortsvorsteherin Annemarie Opitz auf, und nun mit der Wall of Fame auch ein Jugendtreff, dem bald ein weiterer folgen soll.
„Wir brauchen mehr Wände“, betonen Sascha Kittel (Graffitiverein) und Sven Bielig (Heizhaus Grünau) einmütig. Beide bilden die städtische Koordinierungsstelle Graffiti und versuchen in zäher Überzeugungsarbeit, weitere legale Graffiti-Flächen mit Gestattungsvereinbarungen zu gewinnen. Neben den fünf offiziellen gebe es erst 15 weitere geduldete Wände. „In geordneten Bahnen“, wie es so schön heißt, bedeutet Betreuung, Reinigung und Müllentsorgung.
Graffiti muss also nicht Schmiererei sein. Sie kann unglaublich ansehnliche Kunst sein und zugleich auch vorbeugende Jugend- und Sozialarbeit. Aber vor allem brauchen Jugendliche ihren Platz im öffentlichen Raum – gern mehr als einen.
An der Engelsdorfer Hans-Weigel-Straße habe es jahrelang Konflikte mit Häuslebauern gegeben, als junge Leute mitten in ihrer Siedlung einen öffentlichen Platz einnahmen, blickt Wiederanders zurück. Auch die spätere „Chill Area“ sei alles andere als problemfrei gewesen.
Der Walk of Fame in Los Angeles ist weltbekannt. Aber 40 Jahre nach der allerersten Wall of Fame im New Yorker Stadtteil East Harlem hofft Engelsdorf auf schöne Graffiti und weniger Konflikte. Dank der Wall of Fame in Pueblo de los Angeles (Engelsdorf auf Spanisch).
Text | Foto: Frank Willberg
Hier kann man seiner Kreativität freien Raum lassen – die neue Wall of Fame in Engelsdorf freut sich auf ansehnliche Kunst.