Vom Jakobsweg nach Alt-Paunsdorf

Nadja Weinhold tritt in die Krieglsteinschen Fußstapfen

„Ganz still habe ich am 10. Februar 2020 meine Geschäftsräume aufgeschlossen“, erzählt Nadja Weinhold, Bestattungsfachkraft und Inhaberin der Bestattungen Krieglstein in der Riesaer Straße 31. Erklärend fügt sie hinzu:„Ich musste selbst erst einmal spüren, wie ich mich fühle. Heute kann ich sagen, ich bin angekommen.“
Es war ein ziemlich langer Weg, den die junge Frau in den vergangenen Jahren zurückgelegt hat, um zu ihren Wurzeln zu finden. Als gelernte Restaurantfachfrau arbeitete sie als Personalassistentin im Hotel- und Gaststättenwesen. „Ich habe in großen Hotels, auch in der Schweiz, erfolgreich gearbeitet, aber so richtig glücklich war ich nicht“, blickt sie zurück. Immer mehr ertappte sie sich bei dem Gedanken, ihre Arbeit und ihr damaliges Leben in Frage zu stellen. Was macht den Sinn meines Daseins aus? Diese und andere Fragen führten sie letztendlich auf den Jakobsweg. Mit dem Rucksack auf dem Rücken machte sie sich sechs Wochen lang allein auf den Weg und fand zu sich selbst. Zurückgekehrt, brach sie in Düsseldorf alle Zelte ab, kehrte nach Leipzig zurück – zur Freude ihres Vaters. „Für mich war das ein wunderbares Gefühl, vor allem, als sie mir gestand, ins Familienunternehmen einzusteigen“, erzählt Bernd Weinhold, seit elf Jahren Inhaber des Bestattungshauses Krieglstein in Paunsdorf. „Sie ist den Umgang mit Menschen gewohnt, geht freundlich und aufgeschlossen auf sie zu, sie packt das.“ Aus seinen Worten spricht väterlicher Stolz. Doch zunächst hat Nadja Weinhold andere Pläne. „Ich wollte nicht einfach so ins Geschäft einsteigen, sondern zuvor die berufliche Qualifikation erwerben.“
So setzte sie sich nochmals auf die Schulbank und absolvierte erfolgreich eine Ausbildung in Bitterfeld. Danach war der Weg frei. Dieser führte sie jedoch nicht in die Geschäftsräume des Familienunternehmens in der Goldsternstraße 41. Sie wollte sich selbst erproben und fand unmittelbar am Paunsdorfer Pfarramt ihre Räume, die sie im Februar ohne großes Tamtam öffnete. Erst im November, wenn alles zur Ruhe kommt und Besinnung eintritt, möchte sie ihre Türen öffnen, um die Paunsdorfer zum Kennenlernen einzuladen. Bis dahin ist sie aber selbstverständlich an der Seite von Menschen, wenn es heißt Abschied zu nehmen.
Wie ihr Vater ist sie sowohl Bestatter als auch Trauerredner. „Ich begleite die Hinterbliebenen über Wochen, höre zu, berate und biete ihnen auch an, mich per E-Mail anzuschreiben. Dann sitze ich abends auf der Couch und beantworte Fragen, die oft von Schmerz und Zweifel geprägt sind.“
„Das unterscheidet mich von meiner Tochter“, schmunzelt Bernd Weinhold. „Ich arbeite traditionell, kenne mich weniger mit Computern aus. Aber ich bin mir auch bewusst, dass die neue Generation sich einfach der Digitalisierung stellen muss. Auch in dieser Hinsicht bin ich froh, dass ich jetzt meine Tochter zur Seite habe“, gesteht er. Doch das persönliche Gespräch, darin sind sich beide einig, ersetzt keine Technik, das wird es immer geben.

Text | Foto: Elke Rath

Nadja Weinhold in ihren neuen Geschäftsräumen.