Verschnitten

Im Winter verschneide ich weder Obstbäume noch das Fell auf meinem Kopf. Die Holzfällerfrisur kommt erst im März wieder runter, wenn die Temperaturen raufgehen. Dann dürfen eh keine Bäume mehr gefällt werden und der gröbste Winter ist vorbeigezogen. Bei den Gehölzen ist die Frage nach dem optimalen Schnittzeitpunkt nicht ganz so einfach zu beantworten.
Generell befinden sich die meisten Gehölze im Winter, von Oktober bis Ende Januar, in der Ruhephase. In dieser Zeit sollte nur in Ausnahmefällen geschnitten werden, etwa bei Astbruch, nie jedoch ab fünf Grad unter Null.
In der Ruheperiode geschnittene Gehölze sind Frost gegenüber empfindlich, weil sie weder wachsen noch Wunden schließen können. Die geschnittenen Triebe trocknen zudem oft zurück. Bis Mai sind die Pflanzen auch gegenüber eindringenden Krankheiten nahezu wehrlos.
Mit steigenden Temperaturen baut sich ab Ende Januar langsam der Saftdruck in den Gehölzen auf. Längere Frostperioden werden unwahrscheinlich und die Gefahr des Erfrierens oder Eintrocknens nach dem Schnitt ist somit geringer. Ab Spätwinter bis zum Frühjahr schneidet man daher die meisten Obstgehölze, sommerblühende Gehölze und etliche Stauden., wobei die Maßnahme vor dem Austrieb beendet sein sollte.
Im Frühsommer versiegt der Saftdruck in der Pflanze nahezu. Ab Juni ausgeführte Schnitte bluten deshalb nicht, und die Wunden bleiben trocken. Vor allem schnittempfindliche Gehölze wie Ahorn, Zierkirsche, Blutpflaume, Pfirsich und Walnuss sollten nur im Sommer geschnitten werden. Auch für unempfindliche Gehölze kann ein Sommerschnitt sinnvoll sein.
Von März bis Oktober ist es untersagt, brütende Vögel in Sträuchern und Hecken durch Rodung oder massiven Gehölzschnitt zu stören. Um jedoch zu verhindern, dass mein Haarkleid zum Naturschutzgebiet erklärt wird, sind gärtnerische Pflegemaßnahmen zwingend notwendig. Sonst hilft nicht einmal mehr die Heckenschere.

Theodor Jähkel