Seit 100 Jahren: Lebenslanges Lernen für alle

Die breite Volkshochschulbewegung in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg ermöglichte am 13. März 1922 auch in Leipzig die Gründung einer VHS – damals in den Räumen des Städtischen Kaufhauses. Erster Direktor wurde der sozialdemokratische Staatsrechtswissenschaftler Hermann Heller, der zugleich das neu eingerichtete Volksbildungsamt Leipzig leitete. Im Mittelpunkt des Volkshochschulgedankens, einer reformpädagogischen Erneuerungsbewegung, stand damals wie auch heute die Erwachsenenbildung, das lebenslange Lernen für alle. Die Leipziger Volkshochschule war in den 1920er Jahren dabei stark mit der Arbeiterbildung verbunden, vertrat die „Leipziger Richtung“ in der Erwachsenenbildung. Hier entstanden erstmals auch Volkshochschulheime. Eines dieser Heime gründete Gertrud Hermes, Angestellte des Volksbildungsamtes und wesentliche Akteurin der „Leipziger Richtung“, 1923 in ihrer Wohnung in Connewitz, lebte dort gemeinsam mit mehreren jugendlichen Arbeitern, einem Assistenten und einer Hauswirtschafterin. Erklärtes Ziel dieser Heime war es letztlich, mündige Arbeiterpersönlichkeiten zu entwickeln und zu versuchen, eine Brücke zwischen Arbeitern und Intellektuellen zu schaffen.
In den 1920er Jahren bildeten sich Kooperationen mit der Universität Leipzig; unter Leitung von Professor Theodor Litt wurde das Seminar für Freies Volksbildungswesen an der Universität eingerichtet. Als Dozenten lehrten neben dem Philosophen und Pädagogen Theodor Litt (1931/32 Rektor der Universität) u. a. der Medizinhistoriker Henry Sigerist, der Physiker Friedrich Hund, der Jurist Erwin Jacobi, der Komponist Johannes Weyrauch, der Maler Alfred Frank und der Historiker Georg Sacke.
1926 gründete der sozialdemokratische Pädagoge Herbert Schaller die Leipziger Heimvolksschule, in der junge Frauen und Männer mehrere Monate ganztägigen Unterricht erhielten, um ihnen den Weg zum Hochschulstudium zu ebnen. Elf Jahre nach der Gründung schlossen sich die Türen der Volkshochschule Leipzig wieder, am 5. Mai 1933 beschloss sie ihre Selbstauflösung. In der NS-Zeit war freie Volksbildungsarbeit nicht mehr möglich. Erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges konnte die VHS Leipzig unter Leitung von Hermann Schaller wieder öffnen und ihren Anspruch erneut weiterverfolgen. Heutiger Sitz ist das Gebäude in der Löhrstraße 3-5, das 1889 als Öffentliche Handelslehranstalt eröffnet worden war. Das monumentale Gebäude entstand nach Plänen des namhaften Leipziger Architekten Otto Brückwald.

Text | Foto: Dagmar Schäfer