Schmuckplätze im Leipziger Westen: Das vergessene Herz von Plagwitz

Genau vier dreieckige Plätze gibt es im Leipziger Westen. Zwei davon haben wir im Ortsblatt schon vorgestellt – den Lindenauer Markt und den Schmuckplatz an der Rolf-Axen-Straße. Die beiden anderen liegen in Plagwitz. Leicht zu übersehen ist die kleine Grünfläche zwischen Alte Straße und Weißenfelser Straße, weil sie ein wenig versteckt liegt und meistens auch ganz unbelebt erscheint.
Dennoch ist sie stadtgeschichtlich bedeutsam, denn sie markiert den Siedlungsrand des slawischen Dörfchens Plagwitz. Wo heute Häuser stehen, befand sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts der Hirtenteich; zwischen ihm und der heutigen Erich-Zeigner-Allee lag eine dreieckige freie Fläche. Um 1860 wurde hier eine Straße angelegt, welche die alte Dorfstraße („Alte Straße“) nach Süden verlängerte. Ein Plan von 1880 zeigt im Grunde schon das heutige Straßennetz, wobei auf der Dreiecksfläche zu dieser Zeit sogar einige Gebäude standen. Nur wenig später sollte sich das dörflich wirkende Bild grundlegend ändern. 1883/84 wurden beidseits des „freien Platzes“ das Rathaus und 1889 das Postamt errichtet, unweit davon die Heilandskirche – das neue Zentrum von Plagwitz war entstanden.
Schon ab 1881 hatte die Gemeinde Plagwitz damit begonnen, die bis dahin in Privatbesitz befindlichen Grundstücke der Dreiecksfläche zu kaufen. Dabei taucht zum ersten Mal der Begriff „Rathausplatz“ auf. Wie die Fläche ursprünglich gestaltet war, zeigt ein Plan von 1915: im nördlichen Platzbereich gab es ein großes baumumstandenes Rondell mit einem weiteren Baum in der Mitte – in etwa dort, wo sich heute das leere Brunnenbecken befindet. Vom Rondell aus führten drei Wege in Richtung Rathaus, Post und auf die Weißenfelser Straße. Weitere Baumreihen standen entlang der drei Platzkanten. Detaillierter gezeichnet ist ein Plan des Hochbauamtes Leipzig von 1898. Bei ähnlicher Gestaltung wie im Plan von 1915 sind in dieser Zeichnung in der Platzmitte weitere kleine Rondelle und ein Kriegerdenkmal dargestellt. Aus den Akten ist ersichtlich, dass dieses Denkmal von der Ecke Weißenfelser / Walter-Heinze-Straße (der vierte Dreiecksplatz im Leipziger Westen) hierher versetzt werden sollte. Ein Grund dafür findet sich in den historischen Akten: der wenig respektvolle Umgang vor allem der Jugend mit dem Denkmal. Ausgeführt wurde dieses Vorhaben wohl nicht.
Zu DDR-Zeiten wurde der – bis heute namenlose – Schmuckplatz umgestaltet. Zusätzliche Wege erschließen seitdem den spitz zulaufenden Südteil des Platzes. Das Rondell wurde zu einem rechteckig angelegten Aufenthaltsbereich mit Bänken, Mäuerchen und einem Brunnenbecken in der Mitte. Eine gut 1,60 m hohe Brunnenskulptur aus Metall stifteten die Buntgarnwerke in der Nonnenstraße (über den verschwundenen Brunnen berichteten wir im Ortsblatt 2/2018).
Nach Schließung von Post und Rathaus Plagwitz nahm das Passant*innenaufkommen im Umfeld des Platzes deutlich ab, und damit auch seine Bedeutung im Stadtteil. Heute leidet die Nutzbarkeit des Platzes nicht nur an seiner Gestaltung, sondern auch an mangelnder Barrierefreiheit. Alles in allem Grund genug, sich einmal ausführlicher mit Geschichte und Zukunft des Schmuckplatzes zu beschäftigen.
Anlässlich der Europäischen Mobilitätswoche lädt das Stadtumbaumanagement Leipziger Westen am Sonntag, den 18. September, von 13 bis 17 Uhr ein, gemeinsam mit der Nachbarschaft, dem Stadtgeschichtlichen Museum, der Kirchgemeinde und anderen hier „Platz zu nehmen“, um etwas mehr über die Historie zu erfahren, Erinnerungen auszutauschen, aber auch, um die Fläche mit Spiel und Spaß zu beleben. Programmdetails gibt es auf Aushängen vor Ort und unter: www.leipzigerwesten.de.

Im Dornröschenschlaf – der Platz vor dem alten Rathaus Plagwitz.
Foto: Heiko Müller