Rumpelkammer – Teil 22

Verschollene Fledermaus

Ein Besuch am Strauß-Denkmal in Wien weckt Erinnerungen an die Geschichte des Films Die Fledermaus, der 1945 als verschollen galt, ehe er unter Trümmern im Schnee wiederentdeckt wurde.
Der als Walzerkönig von Wien geltende Johann Strauß (1825-1899) eroberte nicht nur durch Operetten-Verfilmung Die Fledermaus die Herzen der Menschen.
Hauptdarsteller Johannes Heesters berichtete im Januar 1950 den Frankfurter Journalisten, dass die Terra-Filmgesellschaft ein Jahr vor Kriegsende damit begonnen hatte, in Prag und Berlin die Strauß-Operette zu verfilmen, diese konnte aber wegen der sich überschlagenden Kriegsereignisse den Film nicht mehr fertigstellen.
Das Chaos in Berlin sowie die verheerenden Luftangriffe auf die Hauptstadt hatten ein kontrolliertes Arbeiten nicht mehr zugelassen. Anderen Produktionsfirmen war es nicht anders ergangen. Viele Filme verschwanden, waren nur teilweise bearbeitet oder nicht mehr zu gebrauchen – soeben auch Die Fledermaus.
Der niederländische Schauspieler und Sänger, Heesters (1903-2011) erzählte weiter, dass es die spätere Schnittmeisterin Alice Ludwig (1910-1973) gewesen sei, die bis zum Kriegende an einzelnen Szenen weitergearbeitet hatte und nie die Hoffnung aufgegeben habe, die bereits geschnitten Teile wieder zu finden und den Film zu retten. Tatsächlich habe sie im Winter 1945/46 bei Aufräumungsarbeiten in den Babelsberger UfA-Ateliers in Trümmern und unter dicken Schneebergen vergraben, Rollen des Films sowie Negativmaterial entdeckt. Nachdem sie den Fund gemeldet habe, sei sie von der gerade im Aufbau befindlichen ostdeutschen DEFA angewiesen worden, den Film fertigzustellen.
So kam die Operette eine 1944 in Agfa Color gedrehte und 1946 durch die DEFA fertiggestellte Verfilmung erstmals in der sowjetischen Besatzungszone zur Aufführung. Über die Musik und die Handlung muss nicht geredet werden, aber über die großartigen Farben, die vor allem über die Kostüme vermittelt wurden.
Danach wurde der Film von der russischen Verleihorganisation „Sovexport“ übernommen und in die USA transferiert, wo er längere Zeit und erfolgreich am New Yorker Broadway lief. Erst 1949, und noch vor Gründung der Bundesrepublik, erteilte die „Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft“ (FSK) in Wiesbaden die Freigabe für die Amerikanische Zone. Es dauerte dann noch einige Monate, ehe der Film Ende Februar 1950 im Frankfurter Filmpalast seine westdeutsche Erstaufführung durch den Lloyd-Filmverleih erlebte.
Jens Rübner

Abbildung: Filmprogramm: Illustrierte Film-Bühne Nummer: 506 (© Filmverlag Unucka/Signale) – Archiv Rübner