Rumpelkammer – Teil 19

Mamma, der Ruf nach der Mutter

Alle kennen seine Lieder, sein Name jedoch blieb weitgehend unbekannt und das hat seine Gründe: Er war eine unerwünschte Person.
Die Rede ist von Bruno Balz (1902-1988) einem Mann mit einem außergewöhnlichen Talent. Er war der heimliche Star der beginnenden Tonfilmära. Sie, Rosita Serrano, Zarah Leander, Ilse Werner, Hans Albers, Heinz Rühmann oder Johannes Heesters sangen von Treue und Verzicht, einer besseren Welt, der Sehnsucht nach der großen Liebe.
Der deutsche Textschreiber Balz war der Mann hinter den Zeilen. Erst mit seinen Liedern wurden Filme zu Kassenschlagern und Interpreten zu Stars in der großen Blüte der Ufa-Zeit. Sein Name jedoch befindet sich bis heute auf keinem Abspann.

Der Mann wurde politisch fertig gemacht, als Homosexueller von den Nazis verfolgt, ist tagelang gefoltert worden und wurde gar zu einer Scheinehe gezwungen. Nach der Entlassung aus den Folterkellern der Gestapo schrieb er das unvergessene Lied „Ich weiss, es wird einmal ein Wunder geschehn“ – mitten im Krieg! für den erfolgreichsten Ufa- Film Die große Liebe mit Zarah Leander in der Hauptrolle und sicherte dadurch den Film-Erfolg. Im übertragenden Sinne rettete er damit nicht nur die Universum Film AG, sondern vor allem sein Leben.

Es wird wieder Frieden geben, es wird wieder Ruhe geben, es wird wieder etwas zu essen geben, die Menschen werden wieder normal leben können. Dies war die versteckte Botschaft des Textdichters. Die „Herrenmenschen“ legten es anders aus. Zarah Leander, 1974 „Ich weiss, es wird einmal ein Wunder geschehn – solche Dinge waren natürlich im schönsten aber leider auch im bösesten Sinne Propaganda, weil sich natürlich alle nach diesem Wunder sehnten.“
Balz legte aber auch Gerhard Wendland die Beine der Dolores auf die Stimmbänder, formulierte Heidi Brühls drohendes Gelöbnis Wir werden niemals auseinandergehen und verlieh Heintje die völkerverbindende Sehnsucht nach Mamma. Der elfjährige Niederländer trug es auf einem Talente Wettbewerb vor und begründete so seine Karriere als Kinderstar in Deutschland. Der Ruf nach der Mutter wurde 1967 ein deutschsprachiger Hit. Von den Tantiemen des Liedes ließ Bruno Balz ein SOS Kinderdorf bauen. Zusätzlich übernahm er die Patenschaft eines kleinen Waisenjungen, den er regelmäßig mit seinem Lebensgefährten, dem Schauspieler und Maler Jürgen Draeger besuchte.

Jens Rübner

Bruno Balz
Foto: Archiv Berlin, Rechtsnachfolger: Jürgen Draeger