Rumpelkammer – Teil 16

Prädikat: „Besonders wertvoll“ oder Der junge Mann und das Meer

Erinnern Sie sich noch an die Pflichtlektüre, die Sie in der Schule gelesen haben, lesen mussten?
Die Reise nach Sundevit – war so eine, jedoch eine ganz besondere. Keine Ahnung, wie oft ich sie gelesen habe. Wohl sehr oft, denn die Ecken des Einbands sind ziemlich abgestoßen. Es lag eines Tages auf meinem Geburtstagstisch und wurde zu meinem liebsten Kinderbuch.
Für mich ist es ein Frevel, ein Buch wegzuwerfen. So zogen die Geschichten um den Jungen vom Leuchtturm „Tim Tammer“ aus der ‚Feder‘ von Benno Pludra über all die Zeit immer mit mir …
Jeder, der im Osten geboren ist, kennt sowohl das Kinderbuch als auch den gleichnamigen Kinderfilm Die Reise nach Sundevit. Im Juli 1965 begannen die Dreharbeiten zu dem wertvollen Kinderfilm.
Hauptdrehort war die zauberhafte Halbinsel Fischland-Darß-Zingst und deren Umgebung. In der Rolle des Tim Tammer sieht man den elfjährigen Ralf Strobach, einen Stralsunder Jung. Er spielt die Rolle grandios – jung, frech, pfiffig, unaufgeregt wie ein alter Film-Hase. Dabei war es seine erste und einzige Filmrolle.
Benno Pludra war ein sehr erfolgreicher Kinderbuchautor, teilweise erschienen seine Bücher auch in westdeutschen Lizenzausgaben. Natürlich gab es Ereignisse, die waren für den einstigen Matrosen schwierig. „Mit den Filmen, die nach meinen Büchern gedreht wurden, gab es immer Ärger. Die Regisseure sind ja keine dummen Menschen“, erklärte er. „Sie erschnuppern das Brisante, worüber man in der Literatur eher drüber weg liest, und bringen es nach vorn. Heiner Carow war einer der besten Regisseure der DEFA gewesen und hat ununterbrochen Filme gemacht, die bestimmte Leute auf die Barrikaden getrieben haben.“ So auch die Verfilmung dieser klassischen Schullektüre.
Meine Erinnerungen an das Buch verblassten mit der Zeit. Bis ich den gleichnamigen Film Anfang der 1970er Jahre in der Flimmerstunde mit Professor Flimmrich (Schauspieler Walter E. Fuß) einer Kindersendung des 1. Programms des DDR-Fernsehens gesehen habe.
56 Jahre später machen sich zwei positiv verrückte Filmenthusiasten an die Arbeit ein Büchlein über die Hintergründe sowie das Leben des Kinderdarstellers Ralf Strohbach, das 1998 tragisch endete, zu erforschen und zu Papier zu bringen.
Sie dürfen gespannt sein, was wir alles ans Tageslicht befördern konnten, aus einer längst vergangen Zeit, einem Land, das 1989/90 endgültig und für immer von der Landkarte verschwand.

Text | Grafik: Jens Rübner