Altershalber gab die Familie Lommatzsch die Gaststätte ca. 1960 auf und verpachtete sie an die HO (Handelsorganisation). Der erste Wirt der HO-Gaststätte war Herr Orland, später war Frau Tschauder Gastwirtin. Damals wurde Olaf Reißig von der HO-Gaststättenorganisation als Leiter eingesetzt. Er war bei seinen Gästen sehr beliebt. In dem Gastraum stand jetzt eine Musikbox. Später machte er mit den Bierfahrern unsaubere Geschäfte, so manches Faß Bier, das nicht auf dem Lieferschein stand, soll abgeladen worden sein. Als die Sache ans Licht kam, nahm sich Olaf Reißig in seiner Garage in Mölkau das Leben.
Ab 4. November 1970 war Ingrid Drechsler neue Gaststättenleiterin, ihr Ehemann Dieter führte als gelernter Koch in der Küche das Zepter. 1975 wurde der „Deutsche Hof“ völlig umgebaut. Die ehemalige Küche wurde ein Gesellschaftsraum für kleine Feiern. Heizung, Küche, Toiletten, Mobiliar – alles wurde erneuert. Die gemütliche Atmosphäre wussten nicht nur die Einwohner des Wohngebietes zu schätzen, sondern auch die Reisenden, die auf der F6 Richtung Dresden fuhren und hier Rast machten. Zudem gab es täglich wechselnde Angebote an schmackhafter Hausmannskost. Um die Mittagszeit einen freien Platz zu bekommen, war schwierig bis fast aussichtslos. Damals war es ein „Wohngebiets-Treff“, so der DDR-Sprachgebrauch. Das Bier lieferte noch die gleiche Brauerei wie seit ca. 1930, allerdings in DDR-Zeiten mit dem neuen Namen „Sachsenbräu“.
Die Tochter von Familie Lommatzsch verkaufte das Grundstück Riesaer Straße 25 nach der Wende an die Familie Weidner. Nach kurzer Renvovierung eröffneten diese dann am 13. August 1993 den „Deutschen Hof“ wieder mit einer Feier zum Schulanfang. Auch die Trauergäste werden hier vom nicht weit entfernten Sellerhäuser Friedhof immer gut versorgt. Aus den Zapfhähnen fließt jetzt Krostitzer „Hell“ und „Dunkel“.
Der „Deutsche Hof“ im Jahr 1938. An der westlichen Giebelwand die großflächige Reklame: „Trinkt das gute Riebeck Bier“.
Text | Foto: Lothar Schmidt