„Parkstadt Dösen“ – 600 Wohnungen auf dem alten Klinikgelände

Am 24. Juni stimmte die Leipziger Ratsversammlung dem städtebaulichen Vertrag für die vom Projektentwickler Instone/Real Estate geplante „Parkstadt Dösen“ zu: Auf der 14,6 Hektar großen Fläche an der Chemnitzer Straße – bis 2002 Wirkungsstätte des Park-Krankenhauses Leipzig-Südost – entstehen 600 Wohnungen, darunter 90 mietpreisgebundene, ferner eine Kita sowie ein Supermarkt. Dazu werden die Gründerzeithäuser denkmalgerecht saniert und um Neubauten ergänzt.

Am 1. Oktober 1901 wurde auf dem Areal die „Heilanstalt der Stadt Leipzig zu Dösen“ gegründet. Sie diente laut einer Broschüre aus dem Jahr 1995 der Behandlung und Pflege von „Geisteskranken, körperlich Siechen, Rekonvalescenten“ sowie „schwachsinnigen Kindern“.
Ein düsteres Kapitel wurde während des Nationalsozialismus aufgeschlagen: Ärzte führten hier den Angaben zufolge an 551 Kindern Medikamentenversuche zur systematischen Tötungserprobung von Menschen durch. Deshalb wurde auch über die Erinnerungskultur an die Opfer des Hitlerregimes im Rat diskutiert. Eine Stolperschwelle am Straßenrand außerhalb des Geländes erinnert bereits an die Opfer.

Naturvielfalt im Mittelpunkt, …
Der städtebauliche Vertrag umfasst über 50 Anlagen, fast alle sind dem Klima- und Artenschutz gewidmet. Die Naturvielvalt rund um die alte Anstalt ist enorm. Wegen der einschneidenden Baumaßnahmen verpflichtet sich der Projektträger daher zum Schutz von etwa Zwergfledermaus, Nachtigall oder Grünspecht, aber ebenso zum sorgsamen Umgang mit den prägenden Park- und Alleebäumen. Im Rahmen eines minutiös zwischen Umweltverbänden, Instone und der Stadt ausgehandelten Artenschutzkonzeptes ist ferner eine ökologische Baubegleitung vorgesehen.

… dennoch 486 Bäume weniger?
Instone trägt vertraglich die Verantwortung dafür, den „Baumbestand hinsichtlich der denkmalpflegerischen Konzeption dauerhaft zu erhalten.“ Im Text heißt es: „Sofern geschützte Biotopbäume aus berechtigten Gründen gefällt werden müssen, wird durch den Erschließungsträger für diese Bäume eine Ausnahme … bei der unteren Naturschutzbehörde, Amt für Umweltschutz der Stadt beantragt.“
Dennoch droht der Verlust von 486 Bäumen. Allein 200 Bäume sind laut Vorlage wegen schlechter Vitalität und einhergehender Gefährdung der Verkehrssicherheit vom Aus bedroht. Durch umfassende Pflegemaßnahmen sollen sie längstmöglich erhalten werden.

Umweltschutz reicht nicht aus
Die Leipziger Umweltverbände BUND und NABU, die Omas for Future und der Leipziger Stadtverband Bündnis 90/Die Grünen bekräftigen wenige Tage vor der Beschlussfassung ihr „Nein zum B-Plan“. Für die Umweltschützer besonders empörend: Viele der Bäume sollen nur gefällt werden, um Abstellplätze für Autos zu schaffen. Die Planung sieht 550 PKW-Stellplätze für Anwohner vor, das sind mit 0,9 Autostellplatz pro Wohneinheit deutlich mehr, als die Leipziger Stellplatzsatzung vorgibt. „Seit 2013 ist das Vorhaben bekannt“, sagte Grünensprecher Jürgen Kasek, doch gebe es für das Gebiet immer noch kein Konzept für öffentlichen Nahverkehr. Die Antwort könne nicht in einem Mehr an Autos liegen. Und Jeremias Kempt, umweltpolitischer Sprecher des Ökolöwen, bezeichnete es als Unding, dass solche Pläne in Zeiten von Klimakrise und Artensterben einfach abgesegnet werden. Indes nannte Baubürgermeister Thomas Dienberg die Summe aller Verhandlungen zur „Parkstadt Dösen“ einen Kompromiss: Nie ließen sich alle Punkte hundertprozentig erfüllen.

Die Gebäude sind des ehemaligen Parkkrankenhauses Südost sind trotz jahrelangem Leerstand im Kern gut erhalten.
Text | Foto: Anke Brod