Ortsblatt-Leipzig exklusiv im Gespräch mit dem Weihnachtsmann

Lieber Weihnachtsmann, wie geht es Dir eigentlich so kurz vorm Fest?
Ho, ho, ho. Gut. Schließlich mache ich meinen Job mit „Fröhlichkeit im Herzen“ und das nicht erst seit 16 Jahren. Schon seit Jahrhunderten beglücke ich am 24. Dezember Klein wie Groß mit meinen Gaben.

Noch nie jemanden enttäuscht?
Bislang nicht, aber bei all den Lieferschwierigkeiten kann das jetzt durchaus passieren. Da kommt selbst der Weihnachtsmann ins Trudeln. Vieles kommt seit Jahren von weit her, Hauptsache kostengünstig. Nun haben wir den Schlamassel.

Sind deine Wichtel nun auch in Kurzarbeit?
Wir können unsere Bänder nicht einfach abstellen und uns mit Lieferengpässen rausreden. Weihnachten fällt nun mal auf den 24. Dezember und da muss alles in Sack und Tüten sein. Erst Ostern ausliefern, da spielt der Hase verrückt! (lacht herzhaft)

Da müsst ihr euch jetzt aber ganz schön sputen.
Ich hab‘ mich überreden lassen und bin extra auf E-Schlitten umgestiegen. Aber allerorten fehlt es an Ladesäulen. Habe ich eine entdeckt, ist sie besetzt und dann dauert es Stunden, bis ich wieder startklar bin. Und dann die Preise … (hebt seine buschigen Augenbrauen)

Wie kommst du damit zurecht?
Schwierig, schwierig. Ich habe ja nur ein begrenztes Haushaltbudget. Das gerät zurzeit aus allen Fugen. Da wird wohl der eine oder andere Wunsch auf der Strecke bleiben.

Oh weh, das gibt traurige Gesichter.
Die gibt es sowieso. In einigen Familien sind schon Lebkuchen was ganz Besonderes. In anderen finde ich gar keinen Platz unterm Tannenbaum. Da haben schon Knirpse ein Smartphone in der Hand und bekommen noch ein Tablet geschenkt.
(brummelt nachdenklich in seinen Bart)
Hmm, arm und reich gibts nur im Märchen? Von wegen. Neid, Missgunst, Hass, oftmals sogar Gewalt, sind leider allgegenwärtig geworden. Dabei wird doch immer vom „Fest der Liebe“ gepredigt.

Was würdest du denn ändern?
Schluss mit dem Kaufrausch. Alle sollten mal ihre Schränke öffnen. Da ist doch alles drin und trotzdem wollen wir immer mehr. Zeit zum Zuhören, Vorlesen, Reden – wer nimmt die sich schon. Aufeinander zugehen statt sich noch weiter von einander zu entfernen. Was ist daran so schwer? (hebt resigniert die Schultern)

Trotz Stress, gönnst du dir auch mal ‘ne Pause, im Wirtshaus vielleicht?
In welchem denn? Viele haben geschlossen, die anderen nur mit 2 G, 2 G+ oder 3 G geöffnet. Hinzu kommt der unverhohlene „Datenklau“. Wo kommen wir denn da hin, wenn jeder weiß, wo der Weihnachtsmann wohnt?

Klingt alles ziemlich traurig.
Na ja, manchmal habe ich schon das Gefühl, ich soll abgeschafft werden.
Wie kommst du denn darauf?
Na ja, Weihnachtsmärkte gibt es seit zwei Jahren nicht mehr. In den Schaufenstern hängen statt bunter Weihnachtskugeln Plakate mit Masken und Zutrittsverboten. Ich befürchte, irgendwann haben wir uns an all die Regeln, Vorschriften und Ausgrenzungen gewöhnt, und eben auch daran, dass es kein Weihnachten mehr gibt (schaut traurig drein). Ist eigentlich bekannt, dass unser Gehirn schon nach ca. 66 Tagen Veränderungen als gegeben abspeichert?
Die haben wir doch längst überschritten.

Ach, lieber Weihnachtsmann, was wird denn dann aus dir?
Ich werde Globel Player und liefere Pakete überall hin – mit Drohnen (lächelt verschmitzt und blinzelt über seine Brille).
Ho, ho, ho – fröhliche Weihnachten!

Das Gespräch mit dem Weihnachtsmann führte Elke Rath wenige Tage vor Redak–tionsschluss.

Ehrfurcht vor dem Weihnachtsmann. Da wurde selbst das Ortsblatt-Leipzig winzig klein, ließ sich aber auch durch ein Geschenk nicht „bestechen“.
Foto: Jill Wellington, pixabay.com