Leipziger Industriepionier: Adolf Bleichert

Adolf Bleichert kam mit der richtigen Idee zur richtigen Zeit: Die rasche Industrialisierung im ausgehenden 19. Jahrhundert schuf ein Transportproblem, das die Eisenbahn allein nicht lösen konnte, vor allem bei schwierigen Geländeverhältnissen. Drahtseilbahnen aber waren in der Lage, Lasten schwebend zu transportieren und schufen so ganz neue Möglichkeiten, besonders im Bergbau, im Hütten- und Bauwesen und in der Landwirtschaft. 1872 baute der Maschinenbau-Ingenieur Adolf Bleichert seine erste Drahtseilförderbahn und wurde damit zum Wegbereiter des Seilbahnbaues in Deutschland.
Bleichert wurde seine außerordentlich erfolgreiche Unternehmerlaufbahn nicht in die Wiege gelegt. Als Sohn des Pächters der Gohliser Mühle konnte er aber ein Maschinenbau-Studium am Königlichen Gewerbeinstitut, einem Vorläufer der Technischen Universität Berlin, absolvieren.
1874 gründete er, gerade 29-jährig, mit seinem Studienfreund Theodor Otto eine Fabrik für Schwebebahnen in Leipzig-Neuschönefeld und nach der Trennung von Otto die Adolf Bleichert & Co. Fabrik für Drahtseilbahnen gemeinsam mit seinem Schwager Peter Heinrich Piel. Da vor allem die Rohstoff- und Schwerindustrie großes Interesse an den Anlagen zeigte, wuchs das Unternehmen rasch an und zog 1881 nach Leipzig-Gohlis um. Wie in jener Zeit üblich, ließ sich Bleichert direkt gegenüber der Fabrik sein Wohnhaus „Villa Hilda“ errichten, einen Prachtbau im Stil des Historismus, das heutige soziokulturelle Zentrum Heinrich-Budde-Haus in der Lützowstraße.
Bis 1890 baute das Unternehmen mehr als 600 Seilbahnen, unterhielt internationale Geschäftsverbindungen und rückte zum Weltmarktführer im Seilbahnbau auf – auch dank vieler von Bleichert initiierter neuer technischer Lösungen.
Als Adolf Bleichert 1899 an Tbc erkrankte, musste er sich von seiner Geschäftstätigkeit weitgehend zurückziehen und starb vor 120 Jahren am 29. Juli 1901 während eines Kuraufenthaltes in Davos/Schweiz.
Die Söhne Max und Paul führten das Unternehmen erfolgreich weiter. Seilbahnen der Fa. Bleichert gab es inzwischen weltweit, und auch beim Bau des Leipziger Völkerschlachtdenkmals kamen sie zum Einsatz.
In der DDR wurde das Werk als VEB Verlade- und Transportanlagen (VTA) betrieben, 1991 dann abgewickelt. Als „Gohliser Höfe“ mit Wohnungen und Gewerbeflächen haben die lange Zeit leerstehenden Fabrikhallen seit 2015 eine neue Bestimmung gefunden.

Bleichert & Co. Fabrik Leipzig-Gohlis, historische Ansichtskarte um 1910
Dagmar Schäfer / Abb.: Archiv der Autorin