Justizpalast am Simsonplatz


Vor 125 Jahren legte Kaiser Wilhelm II. den letzten Stein für das neuerbaute Reichsgericht, das am 26. Oktober 1895 feierlich eröffnet wurde.
Im Mai 2002 wurde jener Schlussstein in der Eingangshalle des Justizpalastes am Simsonplatz renoviert, bevor das Bundesverwaltungsgericht hier einzog und Leipzigs lange Tradition als ein Zentrum der Gerichtsbarkeit ein weiteres Mal fortschrieb.
Schon die sächsischen Landesherren beanspruchten in Rechtsangelegenheiten die Juristen der 1409 gegründeten Leipziger Universität; 1432 wurde der angesehene Leipziger Schöffenstuhl schließlich zur zentralen Spruchbehörde des Kurfürstentums erhoben. 1483 gründeten die Wettiner das Oberhofgericht als höchstes sächsisches Gericht mit Sitz auf der Pleißenburg. Mehr als 300 Jahre lang wurden hier Urteile gefällt – bis zur Auflösung des Gerichtes 1831.
Mit der Einführung einer modernen Gerichtsverfassung entstand 1835 das Königliche Oberappellationsgericht in Dresden, und Leipzig verlor vorerst den Rang eines Justizstandortes. Aber nur vorübergehend, denn 1869 entstand auf Initiative der Leipziger Kaufleute hier das Oberhandelsgericht. 1877 siedelte die Reichsregierung dann auch das neue Reichsgericht in der Messestadt an.
Bis zur Fertigstellung des neuen Reichsgerichtsgebäudes im damals entstehenden Musikviertel (auf dem ehemaligen Gelände des Botanischen Gartens der Universität) tagte das Gericht in der Georgenhalle, einem 1943 zerstörten Gebäudekomplex an der Goethestraße. Die Architekten Ludwig Hoffmann, späterer Stadtbaurat in Berlin, und Peter Dybwad schufen von 1888 bis 1895 einen gleichermaßen zweckmäßigen wie repräsentativen Justizbau, dessen hohe Kuppel von der fackeltragenden Skulptur der „Wahrheit“ gekrönt wird. Das Hauptportal zeigt auf den Simsonplatz, seit 1998 benannt nach dem ersten Präsidenten des Reichsgerichtes Eduard von Simson (1810-1899). Im Inneren enthält das Gerichtsgebäude einen prachtvoll gestalteten Großen Sitzungssaal.
Im Reichsgericht fanden bekannte Prozesse statt, zum Beispiel 1931 der Geheimprozess gegen die Zeitschrift „Die Weltbühne“ und ihren Herausgeber Carl von Ossietzky sowie 1933 der Reichstagsbrandprozess.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude stark beschädigt. Nach 1945 diente der Bau vor allem als Kunstmuseum, da das Bildermuseum am Augustusplatz zerstört worden war.
Ab 1998 wurde das Gerichtsgebäude gründlich saniert, am 12. September 2002 erfolgte dann die Einweihung als Bundesverwaltungsgericht.

Text | Foto: Dagmar Schäfer

Bundesverwaltungsgericht mit Mendelssohn-Denkmal