Grünanlage mit schauriger Vergangenheit: der Rabensteinplatz

Wer den Rabensteinplatz, eine kleine, aber feine Grünanlage in der Gabelung von Dresdner Straße und Täubchenweg in unmittelbarer Nähe von Johannisplatz und Grassimuseum, besucht, ahnt möglicherweise gar nicht, dass er sich an einem Ort mit schauriger Vergangenheit befindet. Denn hier, wo heute Bänke zum Verweilen einladen, stand bis 1822 das Schafott, volkstümlich auch Rabenstein genannt, da die Delinquenten nach der Hinrichtung den Krähen überlassen wurden.
Seit 1423, als Leipzig von Kurfürst Friedrich I. die vollständige Gerichtsbarkeit verliehen wurde, benötigte die Stadt eigene Richtstätten. Eine davon war der Rabenstein für die höhergestellten Delinquenten, während die Verbrecher aus den niederen Volksschichten am Galgen endeten. Dieser stand an der Einmündung des Gerichtsweges in die Dresdner Straße und wurde ebenso wie der Rabenstein vor 200 Jahren abgebrochen. Der sogenannte Hochgerichtsstein an der Stelle des ehemaligen Galgens erinnert noch heute daran.
Nachdem der Rabenstein, ein über drei Meter hohes ovales Gemäuer mit schmaler Eisentreppe, beseitigt worden war, mieden die Leipziger zunächst diesen Ort.
Einige Jahrzehnte später jedoch plante die Stadt, die ehemalige Richtstätte als Grünfläche zu gestalten und beauftragte Gartendirektor Otto Wittenberg mit den Entwürfen. 1866 entstand nach Wittenbergs Plänen ein Stadtplatz mit zwei Sandspielflächen für Kinder, drei Jahre später ergänzt durch einen Brunnen mit Fontäne. Die Namensgebung „Am Rabensteinplatz“ folgte 1880, einige Jahre danach in „Rabensteinplatz“ verkürzt.
1909 wurde der Platz mit dem von Werner Stein geschaffenen Froschbrunnen weiter verschönert. Der Bildhauer Werner Stein, Professor an der damaligen Städtischen Gewerbeschule Leipzig, schuf für die Stadt u. a. das Mendelssohn-Bartholdy-Denkmal vor dem Gewandhaus (1936 entfernt) sowie den Mägdebrunnen auf dem Rossplatz.
Die Schönheit des Rabensteinplatzes ging im Zweiten Weltkrieg verloren. Zunächst wurden die Figuren des Froschbrunnens für Kriegszwecke eingeschmolzen, dann musste der Fontänenbrunnen einem Luftschutzbunker weichen. Zwar wurde der Platz nach Kriegsende neu gestaltet, der Entwurf von Wittenberg war aber nicht mehr zu erkennen. Erst seit 2017 präsentiert sich der Rabensteinplatz wieder in seiner Ursprünglichkeit. Der Froschbrunnen (Foto) wurde mit neu gegossenen Figuren ergänzt und steht nun auch wieder an seiner angestammten Position. Eine Stele (Foto rechts) bietet den geschichtsinteressierten Besuchern Informationen.
Text | Fotos: Dagmar Schäfer