Große Pläne für ein „Grünes Kreativkraftwerk“

Corona ist nicht die einzige Krise. Auch nicht die Klimakrise. Das Großprojekt „Leipzig 416“ hat unter anderem den ältesten Studentenklub Leipzigs, den 1970 gegründeten TV-Club, in Schutt und Asche gelegt. Trotz anders lautender Versprechungen.
Einem der bekanntesten deutschen Techno-Clubs, die Distillery, droht durch die Buwog im Stadtgebiet Bayerischer Bahnhof ein gleiches Schicksal. Galgenfrist bis April 2022, es sei denn, der Stadtrat stimmt dem Antrag der Grünen zu, der „Tille“ am jetzigen Standort in der Kurt-Eisner-Straße mehr Zeit zu geben.
Als Antwort auf die Verdrängung initiierten beide Clubs die Gründung der Leipziger Club- und Kulturstiftung. Das war im Sommer 2019. Anfang des gleichen Jahres endete unabhängig davon die Besetzung des „Black Triangle“ im Gleisdreieck an der Arno-Nitzsche-Straße. Soweit die Vorrede. Denn im vergangenen Jahr hat die Club- und Kulturstiftung das alte Eisenbahnkraftwerk Leipzig-Connewitz von der Deutschen Bahn erworben und dauerhaft dem spekulativen Immobilienmarkt entzogen, erläutert Pressesprecherin Anne Petzold. Von 1905 bis 1979 sei in dem charmant-imposanten Industriegemäuer Braunkohle verfeuert worden. Danach diente es als Instandhaltungswerk für Loks. Aber vor der Besetzung hatte es schon seit 1994 leer gestanden, so Petzold. Nun ist der Dornröschenschlaf beendet und auch die Vorplanung abgeschlossen: In den beiden herrlichen Hallen im Gleisdreieck sollen nicht einfach nur Distillery und TV-Club ein neues Domizil erhalten. Eine Halle soll zweigeteilt werden und drei Etagen samt Atrium erhalten für Proberäume und Probebühnen. Es soll ein deutschlandweit fast einmaliger Music-Hub entstehen, der die gesamte Wertschöpfungskette der Kultur abdeckt, also auch Ton- und Fotostudies sowie Büros, insgesamt 6000 Quadratmeter vermietbare Fläche.
Im Kohlespeicher sollen Ateliers und Stipendiatenunterkünfte eingerichtet werden. Und sich die zweite Halle mit ihrer kleinen Empore und den hoch aufragenden Fenstern als Konzerthalle vorzustellen, erfordert wenig Phantasie. Aber die großen Pläne für das Baudenkmal erfordern auch viel Geld. Um das Areal anwohnerfreundlich und vorschriftsmäßig zu erschließen, muss die Anfahrt verbreitert und müssten drei Gärten verlegt werden. Zusätzlich wäre ein eigener neuer S-Bahn-Halt optimal.
Finanzierung, Fördermittelbewerbung, Bauleitplanverfahren heißen also die nächsten Herausforderungen. „Wir würden gern Mittel aus dem Braunkohleausstiegsfond erhalten“, berichtet Petzold. Auch ein Dialog mit den Anwohnern sei erforderlich, womöglich auch ein Rechtsgutachten über das Gewerbegebiet.
Um noch mehr Akteure, Unterstützer und Interessenten in den Beteiligungsprozess einzubinden, findet jeden letzten Sonntag des Monats ein Bausonntag statt. Ende Mai fanden sich 160 tatkräftige und neugierige Teilnehmer am Gleisdreieck ein.
www.gleisdreieck-leipzig.de

Das imposante Industriegemäuer bietet viel Platz für kreative Ideen. Aktive sind am „Gleisdreieck“ herzlich willkommen.
Text | Fotos: Frank Willberg