Fragen an Ulrike Wodner, Cartoonistin und Grafikerin

Sie sind vor 20 Jahren von Berlin nach Leipzig umgezogen und arbeiten als freie Künstlerin. Wie beurteilen Sie den Umgang mit Kultur in der Coronakrise?

Wie zurzeit mit Kunst und Kultur umgegangen wird, das ist für meine Begriffe katastrophal. Kunst und Kultur gehören zum Leben dazu, in jeder Gesellschaft und zu allen Zeiten. Jeder Mensch kommt durch kulturell-künstlerische Aktivitäten bei sich selbst an, findet im besten Fall zu sich selbst. Ich wünsche mir mehr Respekt und Anerkennung für die Kultur- und Kreativbranche. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, er lebt genauso von der Kunst, die Künstler und Kulturschaffende oft unter langwierigen und großen Anstrengungen erarbeiten.

Viele sehen in der Krise eine Chance, Sie auch?

Eine Chance sehe ich darin, dass unser Umgang mit uns selbst und anderen Menschen überdacht wird. Bei weiter anhaltendem Stillstand sehe ich jedoch die Gefahr der Verrohung. Das andauernde Alleinsein in der Pandemie schwächt auch das Immunsystem, das gerade jetzt gestärkt werden muss. Bei allem Verständnis für Hygieneregeln, Masketragen und Abstandhalten, es geht auch ums Herz und um die Seele. Wenn die Psyche dauerhaft leidet, wird uns irgendwann die Lebensfreude verloren gehen. Und was dann? Ich würde mir wünschen, dass man das an den Schaltstellen der Macht erkennt.

Wie kommen Sie persönlich zurecht in Zeiten der Pandemie? Was fehlt Ihnen?

Ich arbeite weiter in meinem Atelier in Schleußig, auch an Cartoons zur Coronakrise. Die wollen aber gesehen werden, an einen normalen Aussstellungsbetrieb ist jedoch im Moment nicht zu denken. Einblicke gibt es auf meiner Webseite und auf meiner Facebookseite „Perlhühner und Schweinehunde“. Wie allen anderen Menschen auch, fehlt mir das gesellige Leben sehr. Ich sehne mich nach Treffen mit Freunden im Restaurant oder Café. Ich zeichne nämlich gern in Kneipen und Cafés. Mir fehlen die Konzert- und Theatererlebnisse, die Kino- und Museumsbesuche. Ansonsten fühle ich mich sehr wohl in Leipzig. Die Stadt bietet eine hohe Lebensqualität. Von meiner Wohnung in Plagwitz fahre ich gemütlich mit dem Rad über die Entenbrücke nach Schleußig zur Werkstatt.

Wie sollte es Ihrer Meinung nach weitergehen?

Wir sollten den Humor nicht verlieren. Humor macht stark und kreativ und bewirkt eine kritische Sicht. Vielleicht ließe sich eine Galerie für komische Kunst in Leipzig errichten. Kunst und Kreativität sollten zum täglichen Leben gehören, vor allem schon an Schulen. Wir sollten uns wieder umarmen können. Überlegen, was wir wirklich brauchen, unseren Umgang mit der Natur, den Tieren verändern. Im zwischenmenschlichen Verhalten sollten wir immer solidarisch und mitfühlend sein.

Interview: Marianne H.-Stars

Ulrike Wodner lebt gern in Leipzig.
Foto: Marianne H.-Stars