Eisig und erdverbunden: Die Eisjungfrau

Im Gespräch mit der Kostümbildnerin Kristina Böcher

Das neue Familienstück am Schauspielhaus Leipzig heißt „Die Eisjungfrau“. Das Märchen von Hans Christian Andersen wurde für die Bühne bearbeitet von Stephan Beer und Georg Burger. Die Kostüme hat Kristina Böcher entworfen. Ortsblatt-Leipzig sprach mit der freischaffenden Kostüm- und Bühnenbildnerin.
„Das originale Märchen ist ja keine Theaterfassung. Es wurde umgedichtet und umgedeutet“, plaudert Böcher. Die Titelfigur tritt als Beschützerin der Tiere in Erscheinung, sie straft Menschen, die in ihr Reich eingreifen, wenn zum Beispiel Adlereier gestohlen werden. Die Eisjungfrau lässt die Frevler in Gletscherspalten stürzen. Entsprechend pendelt das Kostüm zwischen Eis und Erdverbundenheit. So besteht der Kopfputz aus Ästen, Blättern und Fell. Die Titelfigur kann sich auch verwandeln, in eine alte Sennerin etwa.
Für die Hauptfigur Rudi, einen armen Burschen in den Schweizer Alpen, habe sie etwas unter den Fundusklamotten gefunden. Allerdings sei der Fundus in Leipzig nicht so auf Trachten ausgerichtet, habe sie festgestellt. Rund 15 Figuren waren für das Stück auszustatten. Am Anfang stehen die gezeichneten Figurinen. Das ist ganz schön aufwendig. Mit ihren Entwürfen setzt sich die Kostümbildnerin mit den anderen Berufsgruppen zusammen; mit den Gewandmeistern für Herren und für Damen, mit den Hutmachern, den Schuhmachern, Kostümmachern, Maskenbildnern. „Wir sitzen alle an einem Tisch und begutachten die Figurinen.“ Lässt sich das umsetzen, wenn ja, wer macht was.
Für das Kostüm der Eisjungfrau hat Böcher mehrere Lagen Cristallon, darunter einen braunen Tüll, verwendet. Die Stoffe changieren in den unterschiedlichen Lagen. Das macht die Figur transparent und kühl. Für das Oberteil hat die Ausstatterin zudem Paillettenstoff ausgewählt. Die Korsage wird hinten mit Haken und Ösen zusammen gehalten. „Zuerst zieht man den Rock an, dann das braune Kleid, dann Bluse und Korsage.“ Eine Ankleiderin ist da schon vonnöten. Die Arbeit mit der Nähmaschine sei überschaubar. Am meisten Spaß mache der Ausputz, in diesem Fall mit Fellkragen, Pailletten, Borten, verrät die Fachfrau, die in den 1980er Jahren ein Kostüm- und Bühnenbildstudium in Stuttgart absolvierte. Dabei kam es ihr weniger auf Theater denn auf Kunst an. Der Ausputz bestimmt die Ästethik, den Schnitt, was drauf kommt eben. Im Stofflager des Schauspielhauses findet sie genug Material.
Nach jeder Kostümprobe werde verändert und weiter genäht. „Ich sehe alles genau bei der Probe, Dinge verändern sich, auf die man reagieren muss“, so Kristina Böcher. Sie nennt Schuhe als Beispiel. Einmal waren die Absätze zu hoch, „das sah zwar gut aus, war aber beim Tanzen zu unsicher“. Da müssen dann neue Schuhe her. Die meisten werden gekauft. Die Stiefel für den Müller seien allerdings angefertigt worden. „Jede Arbeit ist unbezahlbar“, so das Fazit von Kristina Böcher. Und: „Es ist ein gutes Gefühl, daran mitgearbeitet zu haben.“
Wenn die Eisjungfrau im November und Dezember das Schauspielhaus verzaubert, dann arbeitet die Kostümbildnerin schon längst in Annaberg, für den „Liebestrank“ von Donizetti.

Marianne H.-Stars

„Die Eisjungfrau“ im Schauspielhaus, Vorstellungen im November: 24.11. um 15 Uhr, 25., 26., 27. und 29. November um 9 Uhr, dann weiter am 2., 3. und 4., 5. und 6. Dezember. An manchen Tagen gibt es gleich zwei Vorstellungen, auch am ersten Weihnachtstag – einmal um 15 Uhr und einmal um 18 Uhr. Kartentelefon: 0341 | 1268168.

Kristina Böcher mit dem Kostüm der Eisjungfrau.
Foto: Marianne H.-Stars

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