Der freundlich fundierte Kampf gegen „pro forma“

Pro Leipzig e. V. feiert 30. Geburtstag

Am Anfang standen der Appell „Pro Leipzig“ und ein Missverständnis über „Stadtkulturlandschaften“. Aber das bürgerschaftliche Engagement für eine „behutsame Stadterneuerung“ begann schon eher. Und es hält bis heute unverändert an. Das ist gut so, weil es nötig ist.
Zum Jubiläum 30 Jahre Pro Leipzig e. V. denken sicher viele an die mehr als 350 Publikationen des Vereins. In legendären blassgelben Stadtteilheften und zwischen stattlichen Buchdeckeln ist die historische Stadtforschung von Pro Leipzig festgehalten und nachzulesen. Sie sorgt für die finanzielle Unabhängigkeit des 35 Mitglieder zählenden Vereins, der im Jahr 2020 vom Waldstraßenviertel zurück nach Connewitz (hier traf man sich am 21. Februar 1991 erstmals im Gasthaus Goldende Krone)ins Haus der Demokratie umgezogen ist.
Die praktische Regionalforschung und den großen Publikumskreis schätzt auch Thomas Nabert, der Geschäftsführer von Pro Leipzig. Aber die Stadtforschung ist kein Selbstzweck. „Unser Anliegen ist es, die Veränderungen der Stadt zu begleiten, uns für Transparenz und Bürgerbeteiligung bei der Planung einzusetzen und die Stadtforschung zu einer Grundlage der Planung zu machen.“
Bis Ende der 1990er Jahre standen die Vorzeichen günstig. „Stadtverwaltung und Stadtrat waren auch Suchende“, so Nabert und offen für Bürgerbeteiligung, zumal historisch fundierte. Heute würde dies eher als lästig empfunden.
Das Beteiligungsverfahren zur Öffnung des Pleißemühlgrabens am Goerdelerring fand nur pro forma statt – zum Schein – die Planung stand fest. Ähnliches droht sich bei der Neustrukturierung des Matthäikirchhofs zu wiederholen. Das grüne Licht für eine mehrstufige und frühzeitige Beteiligung klinge nur vielversprechend, urteilt Hans-Jürgen Böhme, ebenfalls von Pro Leipzig. „Entscheidende inhaltliche Prämissen für die Entwicklung des Areals sind längst festgelegt, und zwar ohne Einbeziehung der breiten Bürgerschaft.“
Duplizität der Ereignisse: Beim internationalen Städtebauwettbewerb für das Stadtzentrum 1988 hieß es hinter vorgehaltener Hand: „Ihr könnt vorschlagen, was ihr wollt – es wird keine Abweichungen vom Plan geben.“ Nur wurden die Stadtoberen die Geister nicht mehr los, die sie geweckt hatten, blickt Nabert zurück. Die Ideen und das Anliegen, aus denen sich wenig später der Verein Pro Leipzig formen würde, kehrten sich in der Ausstellung „Pro Leipzig“ im November 1990 erstmals nach außen. „Unser Teil der Ausstellung im Messehaus am Markt war der stark besuchte Teil“, erzählt Nabert.
Manchmal kann man mit der Vergangenheit der Zeit voraus sein. 1991 wie 2021.
www.proleipzig.eu

Foto: 1990: Ausstellung Pro Leipzig.
Text: Frank Willberg, Foto: Pro Leipzig e. V.