Besuch in der Rumpelkammer – Teil 11

Der Mann der Rumpelkammer

Er war kein Kinostar, und dennoch brachte ihn ein großes Publikum in Ostdeutschland 35 Jahre auf das Engste mit der Welt des Films in Verbindung. Er brachte uns den Glanz der UFA-Stars zurück.
Willi Schwabe (1915-1991) war Sänger, Sprecher und vor allem kenntnisreicher TV-Moderator. Auch im Westen schätzte man seine „Rumpelkammer“, die das Fernsehen der DDR erstmals am 13. Dezember 1955 ausstrahlte.
Pro Folge erinnerte Schwabe an vier Filme. „Möglich war das, weil die Sowjetunion 1955 das gesamte UFA-Archiv an die DDR übergeben hatte. So konnten die TV-Chefs in Berlin-Adlershof darauf zugreifen“, erinnert sich der über 70-jährige Nikolaus Schwabe, Sohn des Entertainers. Dass die Sendereihe jahrzehntelang, bis zum Ende der DDR, im Programm blieb, erklärt er so: „Mein Vater war wichtig für das Bruttosozialprodukt der DDR! An den Tagen nach der ‚Rumpelkammer‘ lag die Produktivität in den Betrieben immer zehn Prozent über dem Schnitt!“
Erwartet von Millionen, tauchte die „Rumpelkammer“ monatlich bis zu zweimal im Adlershofer Abendprogramm auf – 387-mal mit dem Künstler als Mittelpunkt. Mit einer Laterne in der Hand stieg er, bekleidet mit einer rötlich-braunen Samtjacke, über eine Treppe auf einen nachgebauten Dachboden, musikalisch untermalt vom „Tanz der Zuckerfee“ aus Tschaikowskis Nussknacker Suite.
Auf dem Dachboden angekommen, begrüßte er die Zuschauer mit den Worten: „Guten Abend, meine Damen und Herren, und herzlich willkommen in der Rumpelkammer.“ Nach dieser Einstimmung verneigte er sich tief und gleich darauf liefen die ersten Ausschnitte aus Spielfilmen von gestern, wobei Revueszenen mit Marika Rökk und Johannes Heesters des Öfteren den Schlusspunkt setzten.
Als seine Gattin, die Schauspielerin Dorothea Thiesing im Mai 1990 schwer erkrankte, radelte der Hausherr in aller Eile zur nahen Apotheke, um ein dringend benötigtes Medikament zu besorgen. Er stürzte, der Unfall zog Gehirnblutungen nach sich, Operationen machten sich notwendig. Die erhoffte Genesung blieb aus. Der Tod seiner Frau bereitete ihm tiefen seelischen Schmerz. Er konnte seinen beruflichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen.
Am 12. Juli 1991 verabschiedete sich Willi Schwabe für immer. In Berlin-Adlershof trägt eine Straße seinen Namen.

Die Amiga-Schallplatte mit Willi Schwabe gehört zur Sammlung von Jens Rübner. Gern lässt er sich von den Rumpelkammer-Geschichten inspirieren.
Text | Foto: Jens Rübner