Architekt in der Hauptstadt des Historismus: Peter Dybwad

Nach der Reichsgründung 1871 wuchs Leipzig rasch zur Großstadt heran; die Einwohnerzahl stieg von 100 000 auf über 600 000 bis zum Ende des Wilhelminischen Kaiserreichs 1918.
Diese Gründerjahre führten zum Stadtumbau, der den veränderten Lebensansprüchen der wachsenden Großstadt, aber auch deren Traditionen entsprach – die Architekturepoche des Historismus begann. Die Rückbesinnung auf ältere Baustile brachte dabei neue Lösungen hervor, es entstanden in kurzer Zeit monumentale Bauten, die bis heute maßgeblich das Stadtbild prägen: Geschäftshäuser, Banken, Rathäuser, Universitäts- und Hochschulbauten u. a. Leipzig darf sich deshalb architektonische Hauptstadt des deutschen Historismus nennen.
Zu den namhaften Architekten, die in dieser Epoche in Leipzig tätig waren, gehört der aus Norwegen stammende Peter Dybwad. Geboren 1859 in Christiania (heute Oslo), wo sein Vater eine Buchhandlung betrieb, studierte er von 1878 bis 1884 an der Königlichen Bauakademie Berlin Architektur. 1884 gewann er überraschend gemeinsam mit seinem Studienfreund Ludwig Hoffmann im Wettbewerb für den Entwurf des Reichsgerichtes in Leipzig den ersten Preis. Der Entwurf nahm deutlich Bezug auf die italienische Spätrenaissance. Nach der Überlieferung entwickelten die jungen Architekten Hoffmann und Dybwad die Entwurfsidee für das Justizgebäude in einem Münchner Gasthaus, nachdem sie eine gemeinsame Studienreise nach Italien unternommen hatten.
Dybwad beteiligte sich bis zur Fertigstellung des Reichsgerichtes 1895 an der Planung und Bauleitung; danach ließ er sich als freier Architekt in Leipzig nieder. Mit Hoffmann, der zum Stadtbaurat von Berlin berufen wurde, blieb er lebenslang freundschaftlich verbunden.
Peter Dybwad errichtete Wohn- und Geschäftshäuser für das wohlhabende Bürgertum. Viele dieser Bauten wurden im Krieg zerstört. Erhalten blieben u. a.: das Geschäftshaus Burgstraße 1 – 5, mit dem drei aus dem 16. Jahrhundert stammende Predigerhäuser der Thomaskirche ersetzt wurden, das monumentale Geschäftshaus Martin-Luther-Ring 13 sowie das Schloss Abtnaundorf und das Neue Herrenhaus Gaschwitz.
Für das Musikviertel entwarf Dybwad mehrere Villen und auch sein eigenes Wohnhaus in der Ferdinand-Rhode-Straße. Als Befürworter der Gartenstadtbewegung beteiligte sich der Architekt am Bau der Gartenvorstadt Marienbrunn. Nach seinen Plänen wurden sieben Häuser errichtet.
Peter Dybwad, der mit dem Titel Kaiserlicher Baurat ausgezeichnet wurde, starb vor 100 Jahren am 13. Oktober 1921 in Leipzig. Seit 1932 trägt eine Straße in Paunsdorf Dybwads Namen.

Das nach Entwürfen von Ludwig Hoffmann und Peter Dybwad entstandene Reichsgericht auf einem Kunstblatt um 1911.
Text | Abbildung | Archiv: Dagmar Schäfer